Archives

All posts by Michael

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Was ist Sache?

In 2010 wurde seitens der Bundesregierung eine markante Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vorgeschlagen, der insbesondere den so genannten „Beschäftigtendatenschutz“ neu regeln sollte.

Es geht um Überwachung der Beschäftigten von Arbeitgeber, Konzernen und Vorgesetzten und betrifft Fragen wie z.B.

  • Videoüberwachung von Arbeit in Betrieben und Büros,
  • Erfassung und Sammlung von persönlichkeitsprofilbildenden Daten,
  • das Scannen betrieblicher und privater E-Mails von Mitarbeitern,
  • das Recht von Arbeit“gebern“ auf ärztliche Untersuchungen an ihren Arbeitern und Angestellten
  • bis hin zu innerbetrieblicher privat betriebener Polizeiarbeit und konzerninterne Strafverfolgung oder gar Rasterfahndung.
  • Und vieles mehr.

Der Entwurf von 2010 wurde heftig kritisiert, Datenschützer, Arbeit“nehmer“-Verbände und Oppositionsparteien brachten zahlreiche Kritik vor bis zum Vorwurf der Verfassungswidrigkeit (Stichwort Petitionsrecht).

Ende 2010 verstummte plötzlich die Diskussion um das Gesetz.

Zwei Jahre lang passierte gar nichts, die Kritik am Inhalt wurde ausgesessen und nun soll das Gesetz binnen weniger Wochen plötzlich die letzten noch fehlenden Gesetzgebungs-Stationen passieren und Anfang Februar in Kraft treten!

Was soll das?

 

Aufklärung tut not – Aktivisten eröffnen einen Themenblog

Eine Gruppe aus engagierten und kompetenten Aktivisten hat in aller Eile ein Webportal eingerichtet und informiert über die Hintergründe zur Sache.

Die dort sich ansammelnden Beiträge sind sehr informativ und geben den Stand der Kritik von verschiedenen Seiten beleuchtet gut wieder.

Aktuell finden sich dort lesenswerte Beiträge von:

Werner Hülsmann hat eine hilfreiche Synopse der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen erarbeitet.

(Warum kann uns unsere Bundesregierung eigentlich nicht mal so ein wichtiges Dokument erarbeiten?)

Monika Heim bietet in ihrem Beitrag eine gute Übersicht über die bisherige Entwicklung der ganzen Chose.

Vor allem bietet die Seite ein Musteranschreiben an, mit dessen Hilfe man sofort Abgeordnete und/oder Verantwortungsträger seiner Wahl anschreiben und auf das drohende Desaster hinweisen kann. Eines der wenigen Mittel, die zur akuten persönlichen Intervention in der Sache bestehen.

 

Stand der Kritik von 2010

Mit Stand vom August 2010 haben wir in der OG Hannover eine Neuauflage des Flyer „Beschäftigten-Datenschutz“ veröffentlicht, in der wir unsere Kritik wie folgt summiert haben:

  • Keine Klärung der offenen Frage, bis zu welchem Punkt die Betriebe Verdächtigungen und Betrugsversuchen eigenständig nachgehen dürfen und ab wann staatliche Strafverfolgungsbehörden (Polizei) einzuschalten sind.
  • Erlaubnis zur innerbetrieblichen Rasterfahndung. Die dort eingefügte Bedingung zur Anonymisierung der Fahndung lässt sich in der Praxis nur schwer umsetzen, einhalten, kontrollieren.
  • Bußgelder oder Sanktionen fehlen, so dass die im Gesetz definierten Grenzen in der Praxis vermutlich kaum eingehalten werden.
  • Bestimmte soziale Netzwerke dürfen im Zusammenhang mit der Prüfung von Bewerbungen nicht mehr durchforstet werden. Welche das genau sind, bleibt ebenso unklar wie die Frage, wie die Einhaltung dieser Regel zu kontrollieren sei. Das ist Symbolpolitik.
  • Erlaubnis zur Erhebung von Daten über die sexuelle Orientierung sollte es grundsätzlich nicht geben dürfen.
  • Regeln zur offenen Videoüberwachung werden faktisch gelockert. Das eigentlich selbstverständliche Verbot heimlicher Videobespitzelung will die Arbeitgeber-Lobby kippen und betreibt eine starke Medienkampagne dazu.
  • Unklare Definition zur Erlaubnis von verdeckten Maßnahmen gegenüber den Angestellten: Nicht jede Straftat rechtfertigt die im Gesetz beschriebenen Datenerhebungen.
  • Es darf grundsätzlich keine Erlaubnis für den Arbeitgeber geben, Inhalte privater Kommunikation zu speichern oder zu benutzen, selbst wenn er darauf hingewiesen hat. Betriebsräte müssen in diesem Zusammenhang auf der Hut sein, entsprechend gute Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Das kann bei „schwachen“ Betriebsräten oder in anderen Zusammenhängen schwierig werden…

 

Und was ändert sich jetzt?

Die Bundesregierung preschte mit der Headline „Super: Heimliche Videoüberwachung wird verboten“ vor und versuchte dadurch zu punkten, vor allem aber abzulenken. Dass die öffentliche Diskussion die Abwendung von der Legalisierung verfassungswidriger Überwachungsmaßnahmen für Private nun so langsam richtig stellt ist zwar gut, aber stellt inhaltlich leider nur einen einzelnen Punkt dar – vielleicht war der PR-Ansatz sogar als Nebelkerze gedacht und insofern auch sehr erfolgreich.

Wie fast immer in neuerer Gesetzgebung üblich ist das ganze Gesetzespaket unübersichtlich und für den Laien derart unverständlich und undurchschaubar, dass alleine durch diesen Umstand eine breite öffentliche Diskussion unterbunden wird. Die Masse des Textes und die Raffinesse der Formulierungen erschlagen den unbedarften Leser.

In aller möglichen „Kürze“ ein paar der neuesten Änderungen:

  • Unter gewissen Bedingungen darf das beschäftigende Unternehmen Informationen über Vermögensverhältnisse, Vorstrafen oder laufende Ermittlungen des/der Beschäftigten speichern. Ebenso Daten zu seiner/ihrer „sexuellen Identität.“ Letzteres zu erheben und zu speichern gehört generell verboten! Und Angaben zu Strafverfolgung und Vorstrafen gehören nicht in private Hände. Das erlaubte Befragen eines Arbeitnehmers nach laufenden und völlig offenen Ermittlungsverfahren gegen ihn zersetzt Privatsphäre wie Unschuldsvermutung gleichermaßen.
  • Dem Arbeitgeber wird allgemein erlaubt, sich im Internet der allgemein verfügbaren personenbezogenen Informationen frei zu bedienen, zu speichern und diese zu nutzen. Der Betroffene muss darüber aber nicht informiert werden!
  • Eignungstests müssen nun nicht mehr nach „wissenschaftlich anerkannten Methoden“ durchgeführt werden. Der Durchführung von manipulierenden, einseitigen, manipulierenden oder anderen beliebigen „Psychotests“ nach Wunsch der Unternehmen werden Tür und Tor geöffnet – die eingeräumte „Zweckmäßigkeit“ als Bedingung hierfür wird ganz sicher nicht als Garant dagegen wirken können sondern erlaubt einen weiten Ermessensspielraum.
  • Die Einfügung des Wortes „und persönlich“ an anderer Stelle erlaubt es den Arbeit“gebern“ faktisch, bei angeblichen Überlegungen zu innerbetrieblichen Versetzungen Persönlichkeitsprofile von Arbeitern und Angestellten anzulegen und zu nutzen. Das betrifft zum Beispiel das, was die Arbeitnehmer je nach Gustus unter „soft skills“ wie z.B. „Sozialkompetenz, Teamfähigkeit oder Zuverlässigkeit“ zu definieren meinen zu müssen.
  • Arbeit“geber“ und Unternehmen dürfen ihre Beschäftigtendaten für private Rasterfahndungen einsetzen. Es wird noch nicht einmal die Anoymisieurng der Daten gefordert – eine Pseudonymisierung genügt und ist doch tatsächlich faktisch das gleiche wie eine Nicht-Pseudonymisierung persönlicher Daten. Abgesichert wird diese Maßnahme durch die Bedingung der „Verhältnismäßigkeit“, die zumindest in Vergangenheit nicht ausgereicht hat, um Mißbrauch wesentlich zu verhindern. Zwar soll dieses nun nicht mehr in pauschalisierter Form zur Aufdeckung jeglicher Form von Straftaten genutzt werden dürfen, ob aber die Bedingung des „Vorliegens tatsächlicher Anhaltspunkte“ zur Verhinderung einer unternehmensfreundlichen Umdeutung ausreicht, bleibt fraglich. Und die Hinzufügung der Bedingung „oder zur Erfüllung gesetzlicher Prüf- und Kontrollpflichten“ mag manch andere Pforten zur interessengeleiteten umfangreichen Nutzung sensibler Beschäftigtendaten neu öffnen.
  • Die Grenzen dafür, wann auch ohne Kenntnis des Betroffenen Daten über einen Beschäftigten erhoben werden dürfen, werden durch eine Neuformulierung der Bedingungen erheblich aufgeweicht und anhand von subjektivierten, unbestimmten Regeln neu gesetzt. Ein Freibrief für geheimdienstliches Vorgehen der Unternehmen.
  • Die Neueinführung eines „Konzernprivilegs“ erlaubt Konzernen den Datenaustausch über einzelne Unternehmen hinaus. Diese Regelung untergräbt das Prinzip der Mitarbeitervertretung durch Betriebsräte enorm.
  • Die Überwachung von Telefongesprächen von Beschäftigten (z.B. in Call Center, aber nicht nur dort!) wird ausgeweitet und darf von Vorgesetzten auch durchgeführt werden, ohne dass die abgehörten Beschäftigten im Einzelnen darüber informiert werden. Selbstverständlich „nur“ zu „Qualitätssicherungs- und Schulungszwecken“ – von den Auswirkungen dieser potentiellen Dauerüberwachung auf die Menschen keine Rede.
  • Das Fehlen von wirksamen Sanktionen bei Verstößen: Illegal durchgeführte heimliche Videoüberwachung und Bespitzelung genau so schlimm wie Falsch-Parken? o_O

Noch viel mehr wirklich wichtige Punkte lassen sich im detaillierten und verständlich geschriebenen Beitrag von Peter Wedde nachlesen.

 

Zum Abschluß

Meiner Meinung nach stellen sich ein paar grundsätzliche Fragen:

  • Was ist der wirkliche Grund für das überstürzte Handeln und warum scheint eine breite öffentliche Diskussion unerwünscht zu sein?
  • Inwieweit will man es Konzernen und Unternehmen erlauben, als quasi-polizeilich und quasi-geheimdienstlich und ohne Hinzuziehung staatlicher Gewalt zu recherchieren, zu ermitteln, zu rastern, strafzuverfolgen?
  • Welche Erkenntnis ist daraus zu ziehen, dass einige der großen Datenschutzskandale der letzten Jahre mittels der nun vorgeschlagenen Änderungen ganz oder in Teilen faktisch legalisiert oder zumindest akzeptierend gutgeheißen werden?

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

bild: „Surveillance_video_cameras,_Gdynia.jpeg“ vonPaweł Zdziarski, CC-BY-SA

20121229-29c3demo02

Nachdem dem „Umzug“ des Chaos Computer Congresses von Berlin nach Hamburg war der AK Vorrat nun zum sechsten Mal in Folge mit einem Stand zu Gast mit dabei und bei dieser Gelegenheit:

Danke an alle im CCC, die uns über die Jahre hinweg so kräftig unterstützt haben!

Unseren Stand hatten wir im untersten von fünf Geschossen des Hamburger Congress Centrums direkt am Eingang zum bzw. sogar im Hackcenter. Gegenüber Wikipedia/Wikimedia und Openstreetmap, nebenan die Leute von FIfF und nochmal etwas weiter der Stand vom FoeBuD bzw. digitalcourage. Also in guter Nachbarschaft.

29c3-02Hier waren wir zwar nicht inmitten der sprudelnden Menge der anderen Geschosse, trotzdem kam aber wohl so ziemlich jeder und jede mal am Stand vorbei, alleine schon weil sich die zwei kleineren der insgesamt drei Vortragsräume im untersten Geschoß befanden.

Die Resonanz war gut, wenn auch insgesamt weniger Gespräche mit „Passanten“ als in Berlin am dortig angestammten Platz unter der Wendeltreppe zustandekommen sind. Dafür waren die „internen“ Gespräche z.T. sehr intensiv und fruchtbar. Außerdem waren eine Menge von „AKV’lern“ vor Ort – der Stand fungierte immer wieder als Ausgangs- und Treffpunkt mit der wie bekannt von Ryo so gut vorbereiteten technischen Infrastruktur. Für mich hat dieses Treffen zum wiederholten mal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig und ergiebig die persönlichen Treffen jenseits der Mailinglistenstruktur sein können. Der Chaos Congress zwischen den Jahren ist eine guter Ort, eine gute Gelegenheit dafür.

Wie schon gewohnt haben wir auch auf dem 29c3 eine kleine aber feine Demo organisiert und die Kongressteilnehmer dazu eingeladen. Für einige Kongressteilnehmer ist das ein inzwischen fester Bestandteil, um über die Vorträge und das kongresshafte Brüten über Technik und Politikfragen hinaus den Schritt in die Welt der „anderen“ zu tätigen. Regelmäßig werden wir dazu angesprochen bzw. wird die Demon nachgefragt.

29c3-06Jedes Jahr versuchen wir, neben dem Übertitel „Freiheit statt Angst“ bzw. „Freedom not Fear“ einen Namen für den Straßenprotest zu finden, der sich an das Motto des Congresses anlehnt und so nannten wir die diesjährige Demo entsprechend:

„Fear is not my department“

20121229-29c3demo04Nach Patrick und mir hat nun Fred als Vertreter des AK Vorrat die Verantwortung und Organisation der Demo übernommen, viele andere haben beim Vorbereiten geholfen – allen einen großen Dank dafür!

Obwohl dem Congress in Hamburg gegenüber den vorherigen Treffen in Berlin ungefähr eineinhalbmal so viel Besucher mehr beschert waren, ist die Anzahl der Leute, die die Gelegenheit zum „Protest-Spaziergang“ genutzt haben in etwa konstant geblieben: Circa 100 bis 150 Leute machten sich von der uns gegenüber freundlichen Polizei begleitet auf den Fußmarsch bis zum Jungfernstieg.

20121229-29c3demo03Michi war mit seinem Demolauti eigens angereist, um auf der gesamten Strecke und während der Kundgebung mit seiner Elektroakustik für Aufmerksamkeit und Verstärkung der Redebeiträge zu sorgen. Auch dafür: Vielen Dank.

Die Stimmung war – und das ist kein hohles Gerede – wie schon in den Jahren zuvor ausgesprochen fröhlich und freundlich und das bei ungewöhnlich gutem Wetter. Die wenigen hundert Flyer, die wir für die Passanten zur Information über unser Anliegen vorbereitet hatten, waren schon nach weniger als der halben Strecke restlos weg, die Passanten der Hamburger Innenstadt waren unerwartet offen gegenüber unserem Anliegen und am Anliegen dieser „bunten Truppe“ sehr interessiert.

Auf dem Jungfernstieg in Sichtweite des Hamburger Rathaus20121229-29c3demo07es angekommen gaben Thomas Lohninger vom „österreichischen“ und Volker Birk vom „deutschen“ AK Vorrat zwei kurze Ansprachen zum besten und informierten über die jeweilige Situation in den beiden Ländern.

20121229-29c3demo01Mit Absicht halten wir die Organisation der kleinen Demos auf dem Chaos Computer Congress relativ einfach und überschaubar. Zudem haben wir in den letzten Jahren dafür gesorgt (und wollen das in den kommenden Jahren beibehalten), dass wir hier denjenigen Leuten Gelegenheit für ein Statement ermöglichen, die ansonsten in der Öffentlichkeit trotz wichtiger Botschaften eher zu kurz oder gar nicht zum Zuge kommen.

20121229-29c3demo06Alles in allem waren wir nach gut einer Stunde bei bester Stimmung wieder zurück zum Kongress und so war für alle genügend Zeit zum Ausklingenlassen oder zum Essen, bevor die nächsten – ebenfalls netzpolitisch angehauchten – Vorträge begannen.

Von einigen einzelnen Teilnehmern gab es im Nachhinein noch freundliche und dankbare Worte – das hat uns sehr gefreut!

Bis zum nächsten Jahr, Hamburg.

 

Weitere Informationen:

Bilder: Alle Bilder unter Creative Commons BY-SA. Bilder 1 und 4 – 8 von ubiquit23 (auf Flickr). Bilder 2 und 3 von muzungu (auf AK Vorrat)

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Heute fand in Berlin die Anhörung des Bundestags-Petitionsausschusses zu der von Kai-Uwe Steffens eingereichten Petition statt, die Einsatz  und Anstrengung unserer Politiker für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung gefordert hat.

Dass und wie eindrucksvoll Kai-Uwe Steffens sein von mehr als 64.000 Menschen per Unterschrift unterstütztes Anliegen untermauert und begründet hat, lässt sich z.B. in der heutigen Pressemitteilung des AK Vorrat nachlesen. (Alternativ hier ein dazugehöriger Beitrag von heise.de .)

Vor Beginn der Ausschuss-Sitzung haben Gegner der Vorratsdatenspeicherung mit einer kleinen Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus auf das Anliegen aufmerksam gemacht. Gemeinsam zeigten Sie der Vorratsdatenspeicherung die Rote Karte. (Die Rechtschreibschwäche in der nachfolgenden Buchstabierung der Vorratsdatenspeicherung möge man uns verzeihen! :) ).

Im folgenden die Rede, die wir auf dieser Kundgebung gehalten haben:

Gut einen Kilometer südlich von hier, in der heutigen Niederkirchnerstraße – früher Prinz-Albrecht-Straße, befanden sich zu Zeiten NS-Deutschlands die Zentrale der Gestapo. Das so genannte Reichssicherheitshauptamt hatte dort ebenfalls seinen Sitz.

.

Nur wenige Kilometer östlich von hier befand sich in der Normannenstraße / Magdalenenstraße die ehemalige Zentrale der Staatssicherheit. Bis zu 200.000 IM’s haben dafür gesorgt, dass wichtige persönliche Daten über Oppositionelle, Kritiker und Nichtkonforme akribisch zusammengetragen wurden, um zunächst genaue Charakterstudien anzufertigen und dann mit der so genannten Zersetzungsarbeit beginnen zu können.

.

Beide Regimes hätten sich die Hände vor Freude wund gerieben, wenn, sie geahnt hätten, welche Möglichkeiten der technischen Überwachung und Datenauswertung heutzutage bestehen. Dass diese Techniken zur Verfügung stehen, können wir heute nicht mehr verhindern. Ob man sich an der Entwicklung von Überwachungstechnologien beteiligen und diese mit milliardenschweren Forschungs- und Rüstungsprogrammen unterstützen will ist eine ganz andere Frage, um die es hier und heute aber nicht gehen soll.

.

Aber was würden Sie dazu sagen, wenn jede Begegnung zwischen Menschen, sei es auf dem Spaziergang, in der Straßenbahn, beim Arztbesuch, in der Kirche, auf der Arbeit oder in unseren Wohnungen, unseren Zimmern – wenn also jede dieser Begegnungen von Mensch zu Mensch protokolliert werden würde? Wer hat sich mit wem wo getroffen, wer mit wem Wörter, Unterlagen oder auch nur Gesten ausgetauscht?

.

Wie würden Sie es finden, wenn unsere Regierung oder die europäische Union eine solche Datenerfassung per Gesetz vorschreiben würde – und zwar von der gesamten Bevölkerung. Lückenlos und ohne jeden Grund?

.

Nein – zugegeben: Das ist nicht das, was sich hinter der Vorratsdatenspeicherung verbirgt.

.

Es ist schlimmer!

.

Denn die Vorratsdatenspeicherung ist nichts anderes als das eben skizzierte Szenario einer Totalüberwachung aller Kontakte, allerdings eben derjenigen Kontakte, die wir als „Telekomunikation“ bezeichnen und die in dieser Abstraktheit so schwer zu begreifen und begreifbar zu machen ist. Von jedem Telefonat, von jedem Handygespräch, von jeder SMS und jeder Einwahl in das Internet sollen die Verbingungsdaten zwangsweise erfasst und gespeichert werden. Von allen Menschen. Vollständig. Und ohne irgendeinen konkreten Grund.

.

Die Erfassung der Handy-Verbindungsdaten enhält zudem die Information, wo sich die miteinander kommunizierenden Menschen in diesem Moment befunden haben.

.

Verbindungsdaten sind alles andere als harmlos. Sie lassen sich im Gegenteil sogar besonders leicht automatisiert verarbeiten und zu Bewegungs- und Charakterprofilen verarbeiten. Sie sagen viel mehr aus, als uns manch populistische Politiker oder Behördenvertreter einzureden versuchen.

.

Vor allem aber: Immer mehr unseres alltäglichen Lebens spielt sich im Zusammenhang mit Telekommunikation ab. Mehr als das Stichwort „Internet“ brauche ich nicht zu sagen. Wer eine Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen zu verharmlosen versucht verkennt die Mächtigkeit dieser Daten in Verbindung mit anderen leicht zu erhaltenen Informationen von Webseitenbetreibern und Internetkonzernen.

.

Die Vorratsdatenspeicherung würde einen Paradigmenwechsel in der deutschen Rechtsgeschichte bedeuten. Sie sorgt für die Schaffung und Vorhaltung einer technischen Überwachungs-Infrastruktur. Sie ist er Anfang vom Ende des Prinzips der Unschuldsvermutung.

.

Ohne Kommunikation ist keine Gesellschaft denkbar.

.

Ohne die Möglichkeit einer überwachungsfreien Kommunkation verhindern wir, dass sich Menschen zu freien, selbstbestimmten, engagierten Bürgern entwickeln können.

.

Weder die EU noch die Bundesregierung haben uns bis heute nachweisen können, dass die Vorratsdatenspeicherung sinnvoll, vernünftig oder verhältnismäßig ist.

.

Die Vorratsdatenspeicherung sorgt vielmehr dafür, dass Menschen unter der Glocke der Dauerüberwachung leiden und ihr Verhalten verändern. Weniger frei. Weniger experimentierfreudig und kreativ. Weniger froh.

.

Wir wollen das nicht. Wir wünschen uns eine lebenswerte Gesellschaft, ein Leben in Freude und im Miteinander – nicht nur innerhalb Deutschlands, nicht nur innerhalb der europäischen Union, sondern weit darüber hinaus!

.

Wir werden uns von den populistischen Schachzügen der Profipolitiker mit ihren Schilderungen fürchterlicher Einzelfälle nicht weichspülen lassen.

.

Und wir werden uns auch auf keine faulen Kompromisse im Geschacher von Parteien und Lobbygruppen einlassen denn jede Form Vorratsdatenspeicherung ist ein Verrat an den Grundfesten der Ideale von Freiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit.

.

Und darum sagen wir „Nein“ zur Vorratsdatenspeicherung und zeigen ihr die Rote Karte!

 

Weitere Informationen:

 

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Michael wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Aus einer heutigen Pressemitteilung der hannoverschen Ortsgruppe des AK Vorrat.

Nachdem die hannoversche Gruppe des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung auf ihre Fragen rund um die Demonstrationen von und gegen Rechtsextreme vom 4. August 2012 in Bad Nenndorf und Hannover Antworten von den Polizeidirektionen Hannover und Göttingen erhalten hat, setzen die Aktivisten nun mit zwei neuen offenen Briefen nach.

Einige Fragen wurden in den Briefen der Behörden ignoriert, andere ausweichend behandelt.

Nun fragt der AK Vorrat Hannover bei der Polizeidirektion Hannover direkt nach, welches die Rechtsgrundlage für das dokumentierte heimliche Fotografieren durch die Polizei am 4. August 2012 ist. Weitere Fragen an die Polizeidirektion Hannover betreffen den durch die Einkesselung durch Polizisten vollzogenen Freiheitsentzug, der eigenen Beobachtungen nach als überzogen und willkürlich bewertet wird.

Im offenen Brief an die Polizeidirektion Göttingen hingegen drehen sich die Fragen um den Einsatz der Polizei-Drohne. Die Bürgerinitiative fordert die Veröffentlichung der mit Steuergeldern produzierten Bilder – schließlich lassen diese nach Angaben der Polizei keinerlei Identifizierung von Menschen zu und haben weiterhin ausschließlich zur Überprüfung der Verkehrssituation und anderer harmloser Dinge gedient. Aus der vorherigen Antwort aus Göttingen war schlußzufolgern, dass die durch die Drohne gefertigten Bildaufnahmen nicht gelöscht wurden.

Weitere Informationen

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Michael wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

egk01

Ein Beitrag von Uli.

Informations- und Diskussionsveranstaltung zur elektronischen Gesundheitskarte am 8.10.2012 in Frankfurt/Main

Alles sicher bei der elektronischen Gesundheitskarte (eGk)?

oder

Sind unsere Krankendaten bald alle im Netz?

 

Diese Fragen bewegen viele Menschen, die in den letzten Wochen die Aufforderung ihrer Krankenkasse erhalten haben, ein Passfoto einzureichen, damit ihnen statt der bisherigen Versichertenkarte die neue elektronische Gesundheitskarte ausgestellt werden kann.

Wir wollen Fachleute zu Wort kommen lassen und Antworten geben:

Walter Ernestus,
stv. Leiter des Referats VI (Technologischer Datenschutz) des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) aus Bonn

und

Matthias Jochheim,
Arzt, Vorsitzender der deutschen Sektion des IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) aus Frankfurt/Main

Beide werden zum Stand der Dinge um die elektronische Gesundheitskarte referieren und für Fragen rund um das umstrittene Mega-IT-Projekt der Bundesregierung zur Verfügung stehen.

Am Montag den 8. Oktober 2012 um 19.30 Uhr

Im Bürgerhaus Bornheim (Clubraum 2),
Arnsburger Str. 24,
60385 Frankfurt a. M.
(Nähe U-Bahn-Station Höhenstraße Linie U 4)

 

Die Veranstaltung wird organisiert durch die

die Datenschützer Rhein-Main
– keine Untaten mit Bürgerdaten –

in Zusammenarbeit mit der
Bürgervereinigung Seckbach e. V. (BVS)

Kontakt-E-Mail: die-datenschuetzer-rhein-main (at) arcor.de

 

Weitere Informationen zum Thema „Elektronische Gesundheitskarte“

 

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Uli wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.