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All posts for the month Januar, 2012

Wer kennt das nicht? Man steht mit seinem Einkauf an der Supermarktkasse, und aus heiterem Himmel bricht in unmittelbarer Nähe ein unsägliches Getöse aus, das allen Umstehenden die Ohren schmerzen lässt.
„Ich will aber !!!!“
„Nein.“
„Du bist gemein. Die anderen kriegen von ihren Eltern auch immer was.“
„Die anderen Kinder werden auch öfter krank und haben kaputte Zähne.“
„Wääääääh !!“

Und man sieht eine verzweifelte Mutter, die versucht, ihr Kind an der Quengelware vor der Kasse vorbei zu bekommen, ohne dass zwei Handvoll Schokoriegel, Kaugummitüten und anderes ungesundes Zeug zu Mondpreisen auf dem Laufband landen. Mitleidsvolle Blicke, aus denen eigene Erfahrungen sprechen, sind der Geplagten sicher.

Und was hat das mit Vorratsdatenspeicherung zu tun?

Nun. Dazu schaue man sich einmal an, was in den letzten zwei Tagen zu diesem Thema zu hören war. Da hat das Bundesjustizministerium – weil die für Polizeiarbeit zuständigen Bundesländer aus Kostengründen selber keine Untersuchungen gemacht hatten – eine wissenschaftliche Studie zur Wirksamkeit dieses Überwachungswerkzeugs bei einem renommierten Institut in Auftrag gegeben, und nun die Ergebnisse erhalten. Für jene, die sich mit dem Thema inhaltlich schon länger auseinandergesetzt haben, sind diese Ergebnisse wenig überraschend: ein signifikanter Wert der Vorratsdatenspeicherung ist nicht auszumachen, sie ist also weitestgehend nutzlos. Dass sie vielmehr schädlich sein kann und es schon wiederholt Missbrauchsfälle gegeben hat, hatte sich in den letzten Wochen ja bereits herumgesprochen.[1]

Aber statt dass nun die Verantwortlichen erst einmal diese Studie sorgfältig lesen und ihre bisherigen Positionen und Argumente überdenken, preschen die Wortführer der Überwachungsbewegung in kürzester Zeit hervor, erklären die Studie einfach so für irrelevant, und erneuern in einem ungeheuren Ausbruch von Beratungs- und Lernresistenz ihre ewige Forderung nach der Wiedereinführung einer möglichst umfassenden Vorratsdatenspeicherung. „Ich will aber !!!!“

Das alles wäre schön lustig, wenn es sich bei diesen Leuten nicht um wichtige Personen deutscher Strafverfolgungsbehörden und Volksparteien – das Volk will das übrigens mehrheitlich nicht – handeln würde. Man fragt sich ernsthaft, was noch alles passieren und an Erkenntnissen auf den Tisch muss, bis auch in diesen Köpfen verstanden und akzeptiert wird, dass angebliche oder tatsächlich vorhandene Schutzlücken mit Vorratsdatenspeicherung nicht zu schließen sind. Dafür braucht es gesündere Mittel, wie z.B. Ausbildung und Ausrüstung der Beamten, sowie eine vernünftige Neuorganisation, die ein Komplettversagen des Apparates wie im Falle der ‚Zwickauer Zelle‘ unterbindet.

Ab einem gewissen Alter sollte man von jedem Kind erwarten dürfen, dass es versteht, warum man Quengelware besser im Regal liegen lässt. Es gibt genügend Stimmen, die erklären, dass das Zeug schlecht für Gesundheit und Geldbeutel ist.

Hoffen wir also, dass die Justizministerin sich von diesem Getöse nicht erweichen lassen wird, sondern die dauerhafte Gesundheit über kurzzeitige Ruhe stellt. Kurzzeitig, weil das nimmersatte Quengeln ja auch nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nicht aufhören würde. Und wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger dann auch noch die große Bonbontüte der Marke ‚7-Tage-IP-Speicherung‘ wieder vom Laufband nimmt und statt dessen ein Paar Äpfel der Sorte ‚IP – Quick Freeze‘ einkauft, dann steht einer gesunden Zukunft der deutschen Strafverfolgung auch nichts mehr im Wege.

[1] [Blog] Missbrauch von Vorratsdaten in der EU (22.01.2012)http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/526/189/lang,de/

Blog-Beitrag von Kai-Uwe – Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.

Eine neue Untersuchung des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht kommt zu dem Ergebnis, dass es in Deutschland nach dem Wegfall der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung im März 2010 keine objektiv feststellbaren „Schutzlücken“ gibt.

Oft ermittle die Polizei Täter auf andere Weise auch ohne Verkehrsdaten. Im Bereich von Missbrauchsdarstellungen im Internet führten IP-Adressen ohnehin allenfalls zu Konsumenten, kaum jemals aber zu den Herstellern solchen Materials. Im Bereich der Gefahrenabwehr sei die Ortung der Mobiltelefone gefährdeter Personen in Echtzeit auch ohne Vorratsdatenspeicherung möglich.

Die polizeiliche Aufklärungsquote ist der Untersuchung zufolge weder mit Inkrafttreten des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung 2008 gestiegen noch nach dessen Nichtigerklärung im März 2010 gefallen. Insgesamt gebe es „keine belastbaren Hinweise darauf, dass die Schutzmöglichkeiten durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung reduziert worden wären“.

Die Forscher stellten allerdings fest, dass sich fast alle der von ihnen befragten Polizisten unter Verweis auf Einzelfälle für eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung aussprachen. Für den Staatssekretär Max Stadler (FDP) zeigt dies, „dass die Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht empirisch belegt, sondern nur ein Gefühl der Praktiker ist.“

Die Studie trägt den Titel „Schutzlücken durch Wegfall der Vorratsdatenspeicherung?“ und ist vom Bundesjustizministerium Mitte 2010 in Auftrag gegeben worden. Sie ist bislang nicht veröffentlicht. Jedoch wird der Verfasser Prof. Dr. Dr. Albrecht morgen zu einer Podiumsdiskussion erwartet, die von 11-14 Uhr live im Internet zu verfolgen sein wird.

Am morgigen Freitag, 27. Januar 2012, richtet die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder anlässlich des 6. Europäischen Datenschutztages eine Veranstaltung zum Thema Vorratsdatenspeicherung aus.

Die Veranstaltung kann live von 11.00-14.00 Uhr unter http://www.datenschutz-bayern.de/live.html verfolgt werden.

Eingeladen sind unter anderem Siegfried Kauder (MdB), Alexander Dix (Datenschutzbeauftragter Berlin), Peter Schaar (Bundesdatenschutzbeauftragter), Patrick Breyer (Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung) und Jörg Ziercke (Präsident des Bundeskriminalamts)

Blog-Beitrag von Nico – Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder

AK Vorrat Regensburg News 23.01.2012

Liebe Unterstützer_innen und Interessierte,

hiermit erhalten Sie die sechste Ausgabe unserer AK Vorrat Regensburg News. Die Themen sind diesmal:
1. Nachbereitung „Grundgesetz vs. Sicherheit“
2. Besuch bei Peter Aumer (MdB, CSU)
3. Stand der Proteste in Österreich
4. Aktueller Stand der Vorratsdatenspeicherung
5. Infos zu PIPA, SOPA und ACTA
6. Über uns

1. Nachbereitung „Grundgesetz vs. Sicherheit“

Die Veranstaltung vom 17.11.2011 klingt bei uns immer noch nach. Wir sammeln zu dem Abend Feedback, damit wir es beim nächsten Mal noch besser machen können. Auch wollen wir den Abgeordneten Ismail Ertug, Birgit Sippel und Manfred Weber nachträglich Post schicken. Daran können Sie sich gerne beteiligen, unter: <https://pad.foebud.org/AKVorratRgbgFeedback>. Unser Fazit der erfolgreichen Veranstaltung ist: Wir fordern nicht nur die Abschaffung der EU-Richtlinie zur VDS, sondern auch ein Moratorium für neue Überwachungsgesetze und eine Evaluation bestehender Überwachungsgesetze!

Uns freut es ganz besonders, dass in der neuen Ausgabe der Lautschrift, der Studentenzeitung der Uni Regensburg, ein dreiseitiger Artikel zu der Veranstaltung zu finden ist. Vielen Dank an dieser Stelle an die Autorin Katharina Brunner. Den Artikel finden Sie auch online unter: <http://www.lautschrift.org/in-der-stadt/speichern-auf-generalverdacht/>

2. Besuch bei Peter Aumer (MdB, CSU)

Am 10.01.2012 waren wir in der Bürgersprechstunde unseres Regensburger Bundestagsabgeordneten Peter Aumer. Bei dieser Gelegenheit haben wir unsere Bedenken hinsichtlich der VDS geäußert. Herr Aumer möchte sich gerne ausführlicher mit uns unterhalten, was wir natürlich begrüßen. Wir haben dazu eine kleine Meldung auf unserem Blog veröffentlicht: <http://www.akv-r.de/2012/01/10/pm-ak-vorrat-regensburg-zu-gast-bei-mdb-peter-aumer-csu/> Wir werden im nächsten Newsletter berichten, wie das Gespräch gelaufen ist und was dabei herauskam.

3. Stand der Proteste in Österreich

Wir freuen uns sehr über die Protesterfolge in Österreich! Über die Kampagnenseite <https://zeichnemit.at/> haben über 40.000 Österreicher_innen für eine Abschaffung der EU-Richtlinie und für eine Evaluation sämtlicher Terrorgesetze votiert. Es gibt dazu auch eine Videokampagne unter dem Titel „Deine Stimme gegen Vorratsdatenspeicherung“: <http://zeichnemit.at/stimmen/>

Wer Bekannte mit österreicher Staatsbürgerschaft hat, der möge diese bitte dringend in Kenntnis setzen. Weitere Infos gibt es unter <http://akvorrat.at/> An dieser Stelle: Nur weiter so!! ;-)

4. Aktueller Stand der Vorratsdatenspeicherung

Die meisten werden sich wohl an den Abruf der Telekommunikationsverkehrsdaten während der letztjährigen Naziblockade in Dresden erinnern. Wie sich nun zeigt, wird dieses Mittel auch in  Berlin angewandt. Und zwar nicht um Terroristen zu fassen, sondern um in Fällen von Brandstiftung an Autos zu ermitteln. Die Vorgänge zeigen, Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten gibt es bereits und sie wird missbraucht! Das Blog netzpolitik.org hat am 19.01.2012 diesen neuen Datenskandal veröffentlicht: <http://netzpolitik.org/2012/massenhafte-funkzellenabfrage-jetzt-auch-in-berlin-was-vorratsdatenspeicherung-wirklich-bedeutet/#more-28227>

Zum Stand des VDS-Gesetzes hat Heribert Prantl am 02.01.2012 einen  schönen Artikel in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht. Dieser eignet sich sehr gut, um sich einen Überblick zu verschaffen: <http://www.sueddeutsche.de/politik/streit-um-die-vorratsdatenspeicherung-speichern-was-das-zeug-haelt-1.1248500>

Immer wieder verweisen die deutschen Politiker_innen auf das Vertragsverletzungsverfahren. Was davon zu halten ist, zeigt folgender Blogeintrag sehr eindrücklich. Bis jetzt musste Deutschland nämlich trotz 81 anhängiger Verfahren noch nie Strafzahlungen leisten: <http://plenarphonetik.de/?p=1820>

Auch bezüglich der anlasslosen Speicherung von KFZ-Kennzeichen gibt es Neuigkeiten. Das Land Brandenburg scheint sich einfach über das Urteil der BVG von 2008 hinwegzusetzen und sammelt einfach anlasslos Daten: <http://netzpolitik.org/2012/automatische-kennzeichenfahndung-vorratsdatenspeicherung-jetzt-auch-von-autos/>

5. Infos zu PIPA, SOPA und ACTA

Die beiden Gesetztesvorschläge für den US-Senat SOPA und PIPA waren Gegenstand des Online-Protesttages ‚Internet-Blackout-Day‘ am 18. Januar. Sie sahen DNS-Sperren bei Urheberrechtsverletzungen vor. Nach dem Protest wurden die Vorschläge auf Eis gelegt, sind aber damit nicht endgültig vom Tisch. Hier heißt es achtsam bleiben! Diese DNS-Sperren waren auch Gegenstand der deutschen Debatte rund um das Sperren von kinderpornographischen Inhalten. Was unter diesen DNS-Sperren zu verstehen ist, erklärt folgendes Video sehr anschaulich und auf amüsante Art: <http://www.youtube.com/watch?v=GUT_o23zqdk>

Ein weiteres gefährliches Vorhaben kommt im Gewand von ACTA (=Anti Counterfeiting Trade Agreement). Auch dies dient offiziell der internationalen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Der Maßnahmenkatalog sieht vor allem eine Haftung der Internetprovider für Urheberrechtsverletzungen vor, sowie eine Three-Strikes Policy. Das  „Handelsabkommen“ wurde bis April letzten Jahres geheimgehalten und bisher ist auch noch nicht klar, in welchem Modus darüber im Europäischen Parlament abgestimmt wird. Weitere Infos zu ACTA sind unter  <http://wiki.ak-zensur.de/index.php/ACTA> zu finden. Die europäischen Bürgerrechts-NGOs bereiten sich in den ersten beiden Quartalen des Jahres auf die Bekämpfung dieses Abkommens vor.

6. Über uns

Im Wiki finden Sie das Protokoll unseres Treffens vom 17.01.2012, unter:   <http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Ortsgruppen/Regensburg/2012_01_16>

Unsere nächsten Ortsgruppentreffen finden am Dienstag, den 7. Februar, und am Dienstag, den 21. Februar, um je 20 Uhr im freigeistigen Zentrum in der Hemauerstraße 15 (EG) statt. Wir freuen uns immer über neue und über schon bekannte Gesichter! :-)

Auf bald und mit herzlich-freiheitsliebenden Grüßen,
Armin Schmid, im Auftrag der OG Regensburg im AK Vorrat

Blog-Beitrag von Armin – Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.

Als 2008 das verfassungswidrige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten war, stufte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik diese ganz offiziell als „Sicherheitsgefährdung“ ein, wie ich heute erfahren habe. Begründung: „Die Erstellung von Benutzer- und Bewegungsprofilen sowie eine Rekonstruktion von sozialen Netzwerken auf Grundlage der Vorratsdatenspeicherung sind möglich.“

Zum Schutz empfiehlt die Behörde die „Verwendung von Prepaid-Karten“ und ein „häufiges Wechseln des Mobiltelefons inklusive SIM-Karte“. Dies macht in Anbetracht der gegenwärtigen freiwilligen Vorratsdatenspeicherung weiterhin Sinn, ebenso wie der Wechsel zu einem möglichst datensparsamen Anbieter.

Blog-Beitrag von Patrick – Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.