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Der vor kurzem von „Facebook“ präsentierte „Leitfaden für Politiker und Amtsträger – Facebook erfolgreich nutzen“ ist ein bemerkenswerter Meilenstein in der Geschichte des Verhältnisses zwischen diesem Unternehmen und der Gesellschaft.

Es gibt die erste Kritik und offene Briefe an die vier „Netzpolitiker“, die in dieser 22seitigen Broschüre für den Konzern Werbung machen, heute veröffentlichte zudem das ULD eine Pressemitteilung, in der es die Verwendung eines Bildes von Thilo Weichert in einem verstellenden Zusammenhang beklagt und auf zum Teil unrichtige Darstellungen der facebookschen Datenschutzpolitik verweist.

Hier noch ein weiter Baustein zur sich anbahnenden Debatte – ein Blick auf das Bild von einer demokratisch organisierten Gesellschaft, das der Konzern in diesem Dokument mehr oder minder offen transportiert oder transportieren möchte.

Vorab die Frage, warum es Facebook gefällt, für die Gruppe von „Politiker und Amtsträger“ einen eigenen Ratgeber zu entwerfen und zu veröffentlichen. Gibt es etwa vergleichbare „Leitfäden“ für „Menschen mit geringem Einkommen“, für „Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen“ oder einen eigenen Leitfaden für „Freunde der Privatsphäre“? Wenn nein – warum wird die „Politiker-Kaste“ bevorzugt hofiert?

Der Leitfaden erscheint an manchen Stellen eher wie eine abzuarbeitende Liste von Befehlen und strotzt nur so vor Imperativen. Alleine auf Seite 10 des Heftchens gibt es neun davon und es zeugt nicht von besonders viel Freiheit, wenn z.B. geraten wird: „Bauen Sie (…), rufen Sie (…), definieren Sie (…), veröffentlichen Sie (…), seien Sie (…), nehmen Sie (…), zeigen Sie (…), binden Sie (…), bieten Sie (…), feiern Sie (…), schaffen Sie (…), planen Sie (…), posten Sie (…), optimieren Sie (…), laden Sie (…), arbeiten Sie (…), werben Sie (…)“ usw. usf.

Interessanter ist aber, zu welchem Verhalten Facebook die Politiker (und Politikerinnen!) anzuleiten gedenkt.

Der Politiker und das Publikum

Schon auf der Titelseite ist die Rede vom „Publikum“, dem sich die Politiker gegenüber stehen sehen (sollen). Der Begriff taucht auch innerhalb des Leitfadens weitere zehn mal auf: Der Politiker solle „dauerhafte Verbindungen zu seinem Publikum aufbauen“, er soll das Publikum „erreichen“, „einbinden“, „einladen“ und „erweitern“. Und dann, auf Seite 5: „Ihr Publikum wartet.“

Was bedeutet das für die Stellung des Politikers? Der Politiker als Unterhalter, als Schauspieler oder als Zauberkünstler, der sein Publikum in den Bann zu ziehen hat, damit es bloß nicht wegläuft oder – schlimmer noch – zu weiteren Veranstaltungen und Aufführungen nicht wiederkommt? Handelt es sich bei der von gewählten Volksvertretern verrichteten politischen Arbeit um Theater, Drama oder um einen Zirkus? Eine Schmierenkomödie?

Der Politiker und die Performance

Die vorletzte Seite gibt einen weiteren Hinweis darauf, wie Facebook die Arbeit von „Politikern und Amtsträgern“ versteht:

„Um zu vergleichen, wie andere Politiker und Amtsträger Facebook für ihre Kommunikation einsetzen, empfehlen wir einen Blick auf das Social-Media-Analyse- und Benchmarking-Portal Pluragraph.de. (…) Pluragraph ermöglicht z.B. mit wenigen Klicks die Anzeige aller Facebook-Fanseiten der Bundestagsabgeordneten. Anhand der Fananzahl werden diese übersichtlich dargestellt. Mit Klick auf das jeweilige Profil erhält man die Entwicklung der   Fanzahlen in Wachstumskurven angezeigt: Auf Basis dieser Graphen kann man tagesaktuell das Wachstum der Profile verfolgen und sehen, welche Politiker erfolgreich Fans hinzugewinnen. Dies ermöglicht dann weitere Recherchen auf den jeweiligen Facebook-Seiten, um sich konkrete Best Practice-Beispiele für den Dialog mit seinem Publikum abzuschauen.“

Politiker sollen also – im Rahmen der facebookschen Auffassung von Volksvertretung – ständig einen schielenden Blick auf die politische Parteikonkurrenz werfen, sich von den dort „erfolgreichen“ Politikergrößen „Best-Practice“-Methoden „abschauen“ (so wie früher in Schule, Ausbildung und Uni?) und (Seite 4 des Leitfadens) ihre „Performance anhand von Statistiken bewerten und optimieren“?

Der Politiker und die Populär-Demokratie

Politische Arbeit hat nichts mit „Leistung“ zu tun die „mit Statistiken optimiert“ werden muss oder kann. Politiker (egal welcher Partei) zeichnen sich m.E. nicht dadurch aus, dass Sie Ihr Tun und Lassen am Maßstab der Popularität ausrichten.

Ein politisch aktiver Mensch hat eine Überzeugung aus der heraus er sich verhält. Diese mag sich in ihren Facetten ändern, wenn der Mensch für Eindrücke und Erfahrungen offen ist, diese reflektiert und Denkprozesse durchläuft. Und doch durchzieht eine Erzählung, einen erkennbarer Strang das Handeln und Wirken.. Falls sich dieser Mensch in einer Partei engagiert, kann man ihn wählen. Aber eben wegen seines Wesens, aus dem heraus er handelt. Und nicht, weil er sich so verhält, um möglichst vielen anderen darin zu gefallen.

Um so tragischer, dass sich vier gewählte Volksvertreter von CDU, SPD, FDP und Grünen so explizit vor diesen Karren der Populär-Demokratie haben spannen lassen.

 

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Bild: Eigene Bearbeitung von „Europe 1916“ von Boardman Robinson, public domain, Bearbeitung unter CC-BY-SA

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

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Die hannoversche Gruppe des AK Vorrat ist Teil der so genannten „Drohnen-Kampagne“, die sich gegen Drohnentechnologie zur Kriegsführung, Überwachung und Unterdrückung ausspricht und einsetzt.

In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung weist das inzwischen auf 120 Unterstützergruppen angewachsene Bündnis auf die nicht-öffentlichen Vorentscheidungen zur Anschaffung von Kampfdrohnen oder einer entsprechenden Nachrüstung von bereits vorhandenen Überwachungsdrohnen für die ‚Bundeswehr‘ hin.

Bislang wird der Appell von vier Parteien auf Bundesvorstands-Ebene unterstützt.

 

Pressemitteilung 2/2013 der Drohnen-Kampagne
17. April 2013

Stoppt die klammheimliche Entscheidung zu Bundeswehr-Kampfdrohnen!

Drohnen-Kampagne wird von mehreren Parteien unterstützt

Das aus zahlreichen Gruppen und Einzelpersonen bestehende Bündnis der Drohnen-Kampagne weist deutlich darauf hin, dass bereits jetzt und unter Ausschluß der Öffentlichkeit wichtige Fakten hinsichtlich der Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr geschaffen werden. Darüber hinaus teilt das Bündnis mit, dass der Appell „Keine Kampfdrohnen“ nun von mehreren Parteien auf Bundesvorstands-Ebene unterstützt wird.

Während die Vertreter der derzeitigen Bundesregierung immer wieder betonen, dass die Entscheidung zur Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr angeblich erst nach der Bundestagswahl gefällt würde, werden hinter den Kulissen bereits seit Monaten Fakten geschaffen.

Die Bundeswehr verhandelt bereits mit dem israelischen Drohnenhersteller IAI und das Verteidigungsministerium will noch in diesem Sommer die Anschaffung bewaffneter Drohnen beschließen. Vor allem werden jetzt schon hinter verschlossenen Türen die Arbeiten für eine internationale Ausschreibung von Kampfdrohnen vorangetrieben, die einer Beschlussfassung des Deutschen Bundestags vorauszugehen hat. Weitere Berichte belegen das starke Interesse und Engagement der Bundesregierung zur Einführung von Kampf- und Kamikazedrohnen.

Dieses alles widerspricht der medienwirksam verbreiteten Darstellung, man wolle zunächst eine öffentliche und ergebnisoffene Debatte abwarten, bevor man über bewaffnete Drohnen im Dienste des deutschen Militärs entscheide.
Das bundesweite Bündnis der Drohnen-Kampagne fordert die sofortige Einstellung aller Vorbereitungen zur Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr.

Das Bündnis hatte am 24. März einen Appell gegen die Anschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr veröffentlicht, der inzwischen von 120 Organisationen, Verbänden, Gruppen und Initiativen aus der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, aus Kirche und Gewerkschaften mitgetragen wird.

Dem Appell haben sich jetzt auch vier Parteien angeschlossen: „Die Linke“, „Bündnis 90/Die Grünen“, die „Piraten“ und die „DKP“ unterstützen ab sofort den Appell „Keine Kampfdrohnen“ auf Bundesvorstands-Ebene. Damit dürfte der Versuch der Bundesregierung, dieses wichtige Thema aus dem Bundeswahlkampf herauszuhalten, endgültig gescheitert sein.

Das Bündnis der Drohnen-Kampagne informiert auf seinen Seiten unter www.drohnen-kampagne.de über Hintergründe zum Thema Überwachungs- und Kampfdrohnen und  ermöglicht es einzelnen Personen wie Gruppen, den Appell „Keine  Kampfdrohnen!“ online wie offline zu zeichnen und damit zu unterstützen.

 

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Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Passend zum Medienhype rund um den angeblichen versuchten Terroranschlag am Bonner Hauptbahnhof (siehe hier und hier) wurde Ende 2012 eine Umfrage von infratest dimap öffentlich, wonach sich 81% der Befragten für eine Ausweitung von Videoüberwachung ausgesprochen haben.

Ob es sich bei der angeblichen Bombe tatsächlich um einen Anschlagsversuch handelt ist genau so unklar wie die Frage, ob die bei dieser Umfrage antelefonierten Bürger überhaupt umfänglich Bescheid wussten, wozu sie da mal eben um Meinung gefragt wurden.

Sicher ist dagegen, dass sich die kernige Überschrift des Stern-Artikels  „Umfrage: Deutsche wünschen sich mehr Videoüberwachung“ als Marker im kollektiven Unterbewußtsein eingraben hat: „Ach ja – da gab’s doch mal diese Umfrage, wonach sowieso schon alle für Überwachung sind. Na dann …“

Die britische Bürgerrechtsbewegung NoCCTV, die sich seit Jahren engagiert und kompetent gegen Videoüberwachung in Großbritannien einsetzt, hat vor etwa einem Monat einen lesenswerten Beitrag dazu geliefert, wie Politiker gezielt den Eindruck zu erwecken und einzuschleifen versuchen, als seien Überwachungsmaßnahmen inzwischen mehrheitlich akzeptiert und willkommen.

Anhand einer ausführlichen historischen und sachbezogenen Analyse zeigen die britischen Aktivisten, dass es sich dabei jedoch nur um einen Anschein handelt, den immer wieder zu erwecken und damit eine Scheinwirklichkeit zu erschaffen das Ziel des einen oder der anderen Überwachungsbefürworter sein dürfte.

Der ausführliche Text liegt nun in einer deutschen Übersetzung mit einer thematischen Einführung für „deutsche“ Leser*innen vor (hier als Webseite und hier als pdf-Dokument) – zur Anregung möchte ich einen darin enthaltenen Ausschnitt bezüglich eines Textes des Medienwissenschaftlers Neil Postman zitieren:

Neil Postmann, der Autor des Buches “Das Technopol”, hat sechs Fragen vorgeschlagen, die dem besseren Verständnis dafür dienen können, in welcher Art und Weise eine Technologie Einfluss über Gesellschaften ausübt. Solche Fragen sollten der Ausgangspunkt für jede Diskussion über Überwachungstechnologien sein:

1.) Was ist das Problem, für das diese Technologie die Lösung ist?

2.) Wessen Problem ist es?

3.) Welche neuen Probleme können bei der Lösung des Ausgangsproblems entstehen?

4.) Welche Menschen und welche Einrichtungen leiden durch die neue Technologie am stärksten?

5.) Welche Änderungen des Sprachgebrauchs wird durch diese Technologie erzwungen?

6.) Welche Menschengruppen und Einrichtungen profitieren durch die Einführung dieser neuen Technologie in ökonomischer oder politischer Hinsicht am allermeisten?

(Aus: Neil Postman, „Building a Bridge to the 18th Century“, 1999, Seite 42)

Das in dem Artikel erwähnte Buch „Das Technopol“ empfehle ich ebenso wie den Artikel selber zum Lesen.

Und weil dieser Beitrag mit dem Verweis auf eine Meinungsumfrage begonnen hat, hier nun ein Auszug aus ebendiesen Buch, in dem Neil Postman das Einholen und Vorführen von Meinungsumfragen im Rahmen seiner Terminologie als „unsichtbare Technologie“ bezeichnet und u.a. wie folgt dazu ausführt:

Man könnte nun argumentieren, die Erforschung der öffentlichen Meinung stelle die Demokratie auf eine vernünftige, wissenschaftliche Basis. Wenn unsere Politiker uns repräsentieren sollen, dann brauchen sie schließlich Informationen darüber, was wir »glauben« oder »denken«. Doch die Probleme liegen anderswo, und es sind ihrer wenigstens vier.

Das erste betrifft die Form der Fragen, die dem Publikum gestellt werden. Ich erinnere den Leser an das Problem, ob es zulässig sei, gleichzeitig zu rauchen und zu beten. Oder, um ein realistischeres Beispiel zu nehmen: Wenn wir Menschen die Frage stellen, ob sie es für akzeptabel halten, daß die Umwelt weiter verschmutzt werde, erhalten wir höchstwahrscheinlich ganz andere Antworten als auf die Frage: Sind Sie der Meinung, daß dem Umweltschutz vorrangige Bedeutung zukommt? Oder: Halten Sie die Sicherheit auf den Straßen für wichtiger als den Umweltschutz? Die »Meinung« der Öffentlichkeit dürfte in bezug auf die allermeisten Probleme ganz und gar abhängig sein von der Art, wie die Frage gestellt wird. (…)

Die Fragen, die Meinungsforscher stellen, zielen normalerweise auf eine Ja- oder Nein-Antwort. Muß man noch darauf hinweisen, daß in solchen Antworten kein allzu großer Spielraum für die sogenannte »öffentliche Meinung« bleibt? Wenn Sie zum Beispiel auf die Frage »Glauben Sie, das Drogenproblem lasse sich durch staatliche Programme eindämmen?« mit »Nein« antworten, dann wäre über Ihre Meinung wenig Interessantes oder Wertvolles zutage gekommen. Würde man es Ihnen aber ermöglichen, ausführlicher über diese Frage zu sprechen oder zu schreiben, so wäre der Einsatz der Statistik ausgeschlossen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß die Verwendung der Statistik in der Meinungsforschung die Bedeutung des Begriffs »öffentliche Meinung« genauso dramatisch verändert, wie das Fernsehen die Bedeutung von »öffentlicher Debatte« verändert. Unter dem amerikanischen Technopol ist die öffentliche Meinung eine Ja- oder Nein-Antwort auf eine ungeprüfte Frage.

Zweitens: die Verfahren der Meinungsforschung propagieren die Vorstellung, eine Meinung sei ein Ding im Innern des Menschen, das durch die Fragen des Meinungsforschers lokalisiert und zutage gefördert werden könne. Aber es gibt dazu auch eine ganz andere Ansicht, und Jefferson gehörte zu denen, die sie vertraten. Eine Meinung ist kein momentanes Ding, sondern ein Denkvorgang, der durch den ständigen Erwerb von Wissen, durch ständiges Fragen, Diskutieren und Debattieren geformt wird. Eine Frage kann eine Antwort »nahelegen«, sie kann eine Antwort aber auch modifizieren und neu formen; es wäre eigentlich richtiger, zu sagen, daß Menschen Meinungen nicht einfach »haben«, sondern in einem ständigen Prozeß des »Meinens« oder der »Meinungsbildung« begriffen sind. Die Meinung als meßbares Ding aufzufassen, verfälscht den Prozeß, in dem sich die Menschen ihre Meinung tatsächlich bilden, und dieser Prozeß steht in engster Beziehung zu dem, was den Kern einer demokratischen Gesellschaft ausmacht. Die Meinungsforschung sagt uns hierüber nichts und neigt dazu, diesen Vorgang unserem Blick zu entziehen.

Womit wir beim dritten Punkt wären. Meinungsumfragen ignorieren in der Regel, was die Menschen über die Themen, zu denen sie befragt werden, eigentlich wissen. In einer Kultur, die nicht von dem zwanghaften Bedürfnis besessen ist, alles zu messen und Rangfolgen herzustellen, würde eine solche Blindstelle wahrscheinlich höchst sonderbar erscheinen. Aber überlegen wir doch einmal, was wir von Meinungsumfragen halten würden, wenn stets zwei Fragen gestellt würden, eine, die ermittelt, was die Menschen »meinen«, und eine, die ermittelt, was sie über das jeweilige Thema »wissen«. Unter Verwendung von ein paar fiktiven Zahlen könnte dabei etwa folgendes herauskommen: »Die jüngste Umfrage ergibt, daß 72 Prozent der Amerikaner der Meinung sind, wir sollten Nicaragua die Wirtschaftshilfe entziehen. Von denen, die diese Meinung vertraten, glaubten 28 Prozent, Nicaragua liege in Mittelasien, 18 Prozent glaubten, es sei eine Insel in der Nähe von Neuseeland, und 27,4 Prozent vertraten die Ansicht, >die Afrikaner sollen selbst sehen, wie sie zurechtkommen<, wobei sie offensichtlich Nicaragua mit Nigeria verwechselten. Darüber hinaus wußten 61,8 Prozent der Befragten nicht, daß Amerika überhaupt Wirtschaftshilfe für Nicaragua bereitstellt, und 23 Prozent wußten nicht, was >Wirtschaftshilfe< bedeutet.« Wären Meinungsforscher bereit, uns solche Informationen mitzuliefern, so würden das Ansehen und der Einfluß der Meinungsforschung darunter gewiß erheblich leiden. Vielleicht würden angesichts von derart geballter Unwissenheit sogar Kongreßabgeordnete dem eigenen Verstand wieder mehr trauen.

Das vierte Problem im Zusammenhang mit der Meinungsforschung besteht darin, daß sie zu einer Verschiebung der Verantwortung zwischen den Politikern und ihren Wählern führt. Gewiß sollen Kongreßabgeordnete die Interessen ihrer Wähler so gut wie eben möglich verfechten. Aber ebenso gewiß ist, daß Kongreßabgeordnete ihre eigene Urteilskraft nutzen sollen, um herauszufinden, worin diese Interessen bestehen. Hierzu müssen sie sich an ihre eigenen Erfahrungen und ihr eigenes Wissen halten. Vor dem Aufkommen der Meinungsforschung wurden Politiker, denen die Meinungen ihrer Wähler auch damals nicht gleichgültig waren, im wesentlichen nach ihrer Fähigkeit beurteilt, Entscheidungen auf der Grundlage dessen zu treffen, was ihnen an Weisheit zur Verfügung stand; mit anderen Worten, diese Politiker waren verantwortlich für ihre Entscheidungen. Mit der Verfeinerung und Ausweitung der Meinungsumfragen geraten sie immer mehr unter den Druck, auf eigenverantwortliche Entscheidungen zu verzichten und sich statt dessen den Meinungen ihrer Wähler zu fügen, gleichgültig, wie uninformiert oder kurzsichtig diese Meinungen sind.

(Aus: Neil Postman, „Das Technopol“, 1991, Seiten 144-147)

 

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Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

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Mit dem heutigen Sonntag geht ein Bündnis aus mittlerweile mehr als 90 Gruppen und Initiativen mit einem Appell „Keine Kampfdrohnen!“ an die Öffentlichkeit.

Der Appell beinhaltet zwei konkrete, an Bundestag und Bundesregierung gerichtete Forderungen. Zum einen die Forderung des sofortigen Stopps der Anschaffung, Produktion, Forschung und Entwicklung von und zu bewaffneten oder bewaffnungsfähigen Flugdrohnen. Zum anderen verlangen die unterzeichnenden Menschen und Gruppen dieser „Drohnen-Kampagne“ den Einsatz der Volksvertreter für eine weltweite Ächtung dieser sich stark entwickelnden Waffentechnologie.

Aber der Appelltext enthält eine weitere, wichtige Komponente, auf die ich besonders eingehen möchte.

 

Weitung der Perspektive, Stärkung der Kräfte

drohnen-verbot-transDer einleitende Satz des Appells lautet:

„Wir sind gegen die Etablierung einer Drohnentechnologie zur Kriegsführung, Überwachung und Unterdrückung.“

Mit dieser Präambel zieht die Kampagne weitere Kreise als nur die zunächst nur von der Friedensbewegung ausgehende Forderung des Banns von Kampfdrohnen. Das ist zugleich richtig wie auch besonders erfreulich – sind ähnliche Ansätze in anderen Ländern nämlich häufig gescheitert.

In Großbritannien beispielsweise konzentriert sich die Kritik des inzwischen relativ berühmten und sehr informativen Portals „Drone Wars UK“ beinahe ausschließlich auf militärisch genutzte Drohnen – eine Zusammenarbeit mit Bürgerrechtsaktivisten, die den vermehrten Einsatz von Überwachungsdrohnen im Inneren kritisiert findet so gut wie nicht statt.

Ähnlich die internationale Kampagne der Human Rights Watch unter dem Namen „Ban ‚Killer Robots‘ Before It’s Too Late“, denn diese beschränkt sich auf automatisierte bzw. autonom handelnde Roboter, was einige Menschen als untragbar empfinden, lässt es aus ihrer Perspektive doch die Interpretation zu, als sei nicht-autonomes Töten von Maschinen, also z.B. Hinrichtungen durch ferngesteuerte Kampfdrohnen ohne Prozess, Verfahren oder Verteidigungsmöglichkeit akzeptabel. (Was wiederum zur nächsten Frage der sich entblätternden Zwiebel führt, ob man denn überhaupt ein absichtliches Töten von Menschen akzeptieren mag oder nicht. Eine Frage?)

 

Scheinwelten

Eine Trennung zwischen bewaffneten und unbewaffneten Drohnen in sehr vielen Fällen praktisch gar nicht möglich.

Dafür gibt es mehrere Gründe:

1.) Unbewaffnete Drohnen- (und andere) Systeme lassen sich zu bewaffneten umrüsten. Sei es in unorthodoxer Art und Weise, sei es, weil die entsprechenden Systeme modular aufgebaut und für eine Nachrüstung bereits vorgesehen sind. (Daran ist bei dem sich anbahnenden Export von Predator-Drohnen der USA in den Nahen Osten zu denken.) Aus diesem Grunde alle Arten von Drohnen verbieten zu wollen ist genau so unsinnig wie unrealistisch oder wünschenswert. Aber das ständige Nachfragen und Untersuchen, wem die Technik im Einzelfall dient, wer daran verdient und welche Konsequenzen bestimmte Entwicklungen zur Folgen haben könnten, gehören zum Bewertungsprozess notwendigerweise dazu.

Rheinmetall-Drohne KZO der Bundeswehr, CC-BY-SA von Julian H.

Rheinmetall-Drohne KZO der Bundeswehr, CC-BY-SA von Julian H.

2.) Unbewaffnete Drohnen können dazu dienen, die notwendigen Informationen für einen bewaffneten Angriff zu ermitteln, ganz unabhängig davon, ob dieser mittels anderer Drohnen ausgeführt wird oder nicht – sie dienen dann also mittelbar dem Töten. Als ein praktisches Beispiel sei die Kombination der deutschen Bundeswehrdrohne „KZO“ von der Rheinmetall AG mit der Harop-Drohne des israelischen IAI-Konzerns. Bei der Harop-Drohne handelt es sich um eine so genannte „Kamikaze-Drohne“ (dieser Begriff alleine bedarf kritischer Beleuchtung!), über deren Anschaffung in der Bundeswehr spätestens seit 2010 öffentlich diskutiert wird.

Vor allem aber:

Die neue MD4-3000 von der microdrones GmbH, bekannt für seine guten Kontakte zur chinesischen Elite-Polizei

Der neue MD4-3000 von der microdrones GmbH, bekannt für seine guten Kontakte zur chinesischen Elite-Polizei

3.) Selbst wenn Drohnen gänzlich ohne Bewaffnung und ohne direkt damit verbundene Tötungsaktionen einhergehen, können sie ebenfalls mittelbar zu Terror, zu allgemeiner Panik, zur Unterdrückung von Freiheitsbewegungen oder ganzer Landstricke bis hin zu Verschleppung und Verschwindenlassen von Oppositionellen oder Kritikern führen. Damit eine pauschalen Ächtung der Drohnentechnologie anzuführen wäre ebenfalls unsinnig – diese hat wie alle anderen Entwicklungen immer zwei Gesichter. Sehenswert dazu der 7minütige Filmbericht zur Studie „Living under Drones“ (hier im englischen Original oder hier in deutscher Übersetzung).

Wie auch immer: Eine breite und öffentliche Debatte auf Sachebene mit einem sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Konsens, der diesen Namen auch verdient, hat einer grundsätzlichen Entscheidungsfällung, ob und in welchem Maße man in einer wünschenswerten Form des Zusammenlebens Drohnentechnologie einsetzen und zulassen möchte oder eben nicht, vorauszugehen.

 

Gesellschaftliche Probleme – Technische Lösungen

Euro-Hawk-Prototyp der Bundeswehr, insges. 570 Mio. Euro teuer, CC-BY-SA von TKN

Euro-Hawk-Prototyp der Bundeswehr, insgesamt rund 570 Mio. Euro teuer, CC-BY-SA von TKN

Der Einschätzung der Techniksoziologin Jutta Weber zufolge liegt der Ausdehnung der Drohneneinsätze im Äußeren wie im Inneren der Glaube an die Drohne als „Technological Fix“ zugrunde. Die Drohne als Wundermittel zur Lösung gesellschaftlicher oder zwischenstaatlicher Probleme – ein Spiel mit illusionierenden oder euphemistischen Begriffen wie „gezielte Tötung“, „chirurgische Kriegsführung“, „aus- oder vorgelagertes Kriegsgebiete“ und „Kurzintervention“. Jutta Weber spricht von „Technofetischismus“.

Dieses Scheinprinzip zur Reparatur von Sozialsystemen mittels Technik ist „uns“ aus den vielen Diskussionen zur zunehmenden Legitimierung fortschreitender Überwachungsmaßnahmen aus den letzten Jahren nicht neu.

Ich führe das hier nicht weiter aus sondern empfehle stattdessen den Videomitschnitt der einführenden Worte Jutta Webers auf dem Drohnenkongress der „Grünen“ vom 15. März d.J. in Berlin. (Diejenigen „Grünen“, denen ihr pazifistischer Hintergrund ansonsten im allgemeinen abhanden gekommen zu sein scheint und denen ich bei der Haltungsfindung zum Thema Drohnen in dieser Hinsicht einen Sinneswandel wünsche.) Hörenswert im Beitrag von Frau Weber sind auch die Erläuterungen zu praktizierten Drohnentaktiken wie „signature strikes“ und „double-tap strikes“.

 

Fazit und Ausblick

Die heute gestartete „Drohnen-Kampagne“ hat es geschafft, sich einerseits nicht in unterschiedliche Lager von Friedens- und Bürgerrechtsaktivisten aufspalten zu lassen und sich andererseits nicht auf vereinfachende und unhaltbare Aussagen wie „Wir sind gegen Drohnen“ einzulassen.

Der Appell „Keine Kampfdrohnen!“ ist deswegen ein wertvoller Kernkonsens, weil er bis jetzt zur breiten Mitzeichnung geführt hat (u.a. FIfF, Grundrechtekomitee, RAV, CCC, digitale gesellschaft, digital courage …) und ich wünsche mir, dass die gemeinsame Arbeit der vielen, sehr unterschiedlichen Unterstützergruppen weiter geht und die damit einhergehenden interessanten neuen Vernetzungen zwischen den Menschen viele gute Früchte trägt.

Alle Einzelheiten über den Appell, zur Möglichkeit der Offline- und Online-Zeichnung sowie weitere Informationen zum Thema bietet die sich im ständigen Auf- und Umbau befindliche Kampagnen-Homepage

www.drohnen-kampagne.de

 

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Micha wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Bildquellen: Eigene Bilder, CC-BY-SA, ansonsten laut Angabe.

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In Berlin fand in dieser Woche das sich selbst anmaßend als „Europäischer Polizeikongress“ bezeichnende Treffen von Polizei- und Behördenvertretern mit der Sicherheits- und Überwachungsindustrie statt. Veranstalter dieser Messe ist der behörden- und sicherheitskomplexfreundlich ausgerichtete „Behörden-Spiegel“ – ein bereits für sich kritisch zu hinterfragendes Interessenkonglomerat.

Die dort anwesenden konservativen und sozialdemokratischen Politiker und Polizeivertreter nutzten das Podium zu vielfachen Forderungen nach Wiedereinführung der umstrittenen verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten und anderer fragwürdiger Überwachungsmaßnahmen.

Die dafür gegebenen „Begründungen“ erscheinen uns schon fast zu bizarr, als dass überhaupt sachlich darauf eingegangen werden kann. In einigen Punkten wiederholen die Befürworter der anlasslosen Vollerfassung und -speicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten Deutschlands ihre bereits unzählige Male vorgebrachten Scheinargumente. Eine große Anzahl davon haben wir bereits in der Publikation „Irrtümer und Populismen im Zusammenhang mit Vorratsdatenspeicherung“ ausführlich widerlegt – leider zumindest in Hinsicht auf diesen Personenkreis offenbar erfolglos.

Die Wiederholung unrichtiger oder unsinniger Behauptungen macht diese nicht wahrer, wie auch der Bundesdatenschutzbeauftragte neulich treffend formulierte. Dies ist zudem kein ehrlicher und konstruktiver Umgang miteinander, wie wir meinen.

Um die vorgebrachten Statements nicht unkorrigiert im Raum stehen zu lassen, melden wir uns nun aber doch zu Wort, und zwar im Namen all derjenigen Menschen, die mit uns zusammen seit Jahren gegen die nicht zu vertretene Vorratsdatenspeicherung anstreiten und Widerstand leisten. Wir erinnern an die bislang größte erfolgreiche Verfassungsbeschwerde in der deutschen Geschichte der Republik mit über 34.000 Menschen, die mit Namen und Unterschrift hinter uns gestanden haben.

Zum Inhalt der Berichterstattung aus Berlin:

Ein Innenminister

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger bezeichnete die Haltung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als „nah an einer Strafvereitelung“.

Wir finden:

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat Rückgrat in einer nicht einfachen Situation bewiesen – und das nicht zum ersten Mal. Dafür zollen wir ihr unseren Respekt.

NRW-Innenminister Jäger war im Gegensatz dazu nicht in der Lage, auf konkrete Einwürfe zu seiner auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2011 dargestellten Haltung zur Vorratsdatenspeicherung einzugehen, oder auch nur darauf zu antworten. Ein konstruktives Streiten auf Sachebene scheint er nicht zu mögen oder zu können.

Wir meinen, dass er sich mit seinen populistischen Argumenten selbst diskreditiert  und sich aus dem Kreis der seriösen Stimmen zum Thema verabschiedet hat.

Ein Polizeipräsident

BKA-Vizepräsident Jürgen Maurer meinte: „Egal wie man diskutiert, man muss sich hier entscheiden, ob man den Ermittlungserfolg will oder nicht.“

Wir finden:

Er hat damit durchaus Recht. Nur sind wir der Meinung, dass man auf Ermittlungserfolge gerade dann verzichten muss, wenn die Mittel, die dazu notwendig sind, übermäßig und unverhältnismäßig Menschen- und Grundrechte beschneiden bzw. verletzen, und die freiheitliche Konstitution einer Gesellschaft in Frage stellen.

Herr Maurer weiter:

Als mögliche Lösung des Problems sei vielleicht eine andere Sicht auf das Internet denkbar, die jeder Bürger verinnerlichen müsse: „Wer im Internet ist, hat die Privatheit verlassen.“ Dementsprechend sei die Speicherung der IP-Adressen dann auch nicht problematisch.

Wir finden:

Wenn der Vizechef des Bundeskriminalamts hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Durchsetzung von Grundrechten im Internet aufgibt und alle Viere von sich streckt, dann ist er vielleicht ein Verfechter der post-privacy-Ideologie, aber für seine Position in der obersten Strafverfolgungsbehörde ungeeignet.

Herr Maurer mag resignieren und bereit sein, sein Recht auf Privatheit aufzugeben. Aber dem Rest der Bevölkerung vorschreiben zu wollen, was sie zu verinnerlichen haben und dass die IP-Vorratsdatenspeicherung unproblematisch sei, ist ebenso anmaßend wie unqualifiziert. Mit einer menschenfreundlichen und rechtsstaatlichen Einstellung ist das nicht vereinbar.

Ein parlamentarischer Geschäftsführer

Der parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundesfraktion Thomas Oppermann meinte, dass Deutschland mit einer sehr restriktiven Regelung der Vorratsdatenspeicherung die Chance habe, die Debatte in Europa zu beleben, und damit auf andere Staaten einen mäßigenden Einfluss haben könnte. Spätestens mit der drohenden Geldstrafe der EU-Kommission werde die Debatte zur Vorratsdatenspeicherung schnell vorbei sein, weil diese Zahlungen dem wählenden Steuerzahler nicht zu vermitteln seien.

Wir finden:

Zunächst gilt auch für Herrn Oppermann das gleiche wie für seinen Parteikollegen Herrn Jäger: Auf eine inhaltliche Sachdebatte bezüglich seiner Pro-Vorratsdatenspeicherung-Argumente wollte er sich bislang trotz mehrfachen Nachhakens nicht einlassen (siehe hier und hier). Soviel zur Frage, wie man eine Debatte beleben kann oder eben auch nicht.

Wenn Herr Oppermann mit einer angeblich „restriktiven“ Variante der Vorratsdatenspeicherung Debatten auf EU-Ebene anregen will, vergisst er folgendes:

a.)

Ein bißchen schwanger sein geht nicht. Jede Form von verdachtsloser Vorratsdatenspeicherung widerspricht fundamentalen Rechtsprinzipien, und zwar nicht nur in Deutschland. Dementsprechend sind hierzu auch Verfahren vor dem Europäischen Menschengerichtshof anhängig.

b.)

Herr Oppermann und seine Parteikollegen haben seit Jahren die Gelegenheit, sich in Brüssel gegen eine Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Von einigen einzelnen SPD-Abgeordneten abgesehen, war davon aber bislang nicht viel zu bemerken. Das macht seine Argumentation insgesamt unglaubwürdig.

c.)

Das Argument der drohenden Geldstrafen zieht aus mehreren Gründen nicht. Was ist mit den vielen anderen derzeit fälligen Strafen wegen Nichtumsetzung von EU-Richtlinien? Sind diese etwa besser zu vermitteln oder werden sie einfach nur totgeschwiegen? Und was sind die Höhen dieser irgendwann drohenden Strafzahlungen wegen Nichtumsetzung der Vorratsdatenspeicherung im Vergleich zu den tausendfach (oder sogar noch mehr?) höheren Geldzahlungen aufgrund des instablien Geld- und Wirtschaftssystems? Die von vielen Menschen als unsinnig empfundene Volkszählung kostete zum Beispiel mehr als eine Milliarde Euro. Wer spricht denn darüber? Und vor allem: Haben monetäre Gründe überhaupt eine Grundlage, wenn es im Gegenzug um die Aufgabe von grundlegenden Rechtsprinzipien und Grundrechten geht?

Wir finden:

Nein! Denn Grund- und Menschenrechte tragen das prädikat ‚unveräußerlich‘, weil sie nicht zu verkaufen sind. Das sollte man auch nicht versuchen.

Was soll das nun alles?

Insgesamt ergibt sich das Bild, dass aus den Reihen der Befürworter von Überwachung im Allgemeinen und der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung im Speziellen zumindest bei dieser Veranstaltung überwiegend unseriös und populistisch argumentiert wurde. Es stellt sich angesichts der eigentlich anzunehmenden Expertise der Beteiligten die Frage, warum diese denn dauernd auf Plattitüden und Halb- bis Unwahrheiten zurückgreifen, wo doch diese Überwachungswerkzeuge angeblich so unverzichtbar und heilsbringend sein sollen. Wäre auch nur die Hälfte davon wahr, müsste die law&order-Fraktion doch spielend in der Lage sein, erdrückende Argumente ins Feld zu führen und die Diskussion zu beenden.

Aus der Tatsache, dass dies nicht passiert, sondern man uns statt dessen die Internetnutzung als Ende der Privatheit verkaufen will, möge jeder Leser seine eigenen Schlüsse ziehen.

Dieser Beitrag wurde von mehreren Menschen aus dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gemeinsam erarbeitet.

Bild: von Frans Jozef Valenta, Bonn, CC-BY-NC-ND, weitere Motive hier