Die 1974 geborene „Designforscherin“ Gesche Joost wurde unlängst zur Netzpolitik-Verantwortlichen des „SPD-Kompetenzteams“ ernannt. In einem wenige Tage danach veröffentlichten Interview äußerte sich Frau Joost (kurz) zur Vorratsdatenspeicherung. Ihre Antwort auf die Frage ihrer Stellungnahme dazu wirft jedoch einige Fragen auf, so dass wir uns als Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung dazu entschlossen haben, Frau Joost in einem offenen Brief wie folgt anzuschreiben:
Sehr geehrte Frau Joost,
mit Interesse haben wir als Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Ihre Äußerungen zur Vorratsdatenspeicherung im Rahmen eines Interviews mit dem „Spiegel“ vom 17. Mai 2013 gelesen.
Auf diesen Streitpunkt angesprochen sagten Sie:
„Eine generelle Vorratsdatenspeicherung ist kritisch – Ausnahmen kann es nur bei schwersten Straftaten und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geben. Die Speicherung von Bewegungsprofilen lehne ich ab.“
Wir freuen uns über Ihre klare Haltung zur Ablehnung von Bewegungsprofilen, was aus unserer Sicht jedoch eine Vorratsdatenspeicherung (gemeint ist hier: die Vorratsdatenspeicherung aller Telekommunikations-Verbindungsdaten aller Bürger und Einwohner Deutschlands ohne irgendeinen spezifischen Grund oder Anlass) per se verbieten würde, denn Standortdaten werden von den Telekommunikationsanbietern im Mobilfunkbereich flächendeckend erhoben. Darüber hinaus können auch aus Kommunikationsverbindungsdaten (z.B. IP-Datensätze von Internetverbindungen oder ein Telefonat mit Arztpraxis an einer festen Anschrift) gewisse Rückschlüsse auf Bewegungen von Bürgerinnen und Bürgern gezogen werden.
Aus diesem Grund sind wir nicht sicher, wie wir Ihre Anmerkung zur Vorratsdatenspeicherung insgesamt zu verstehen haben und ob Sie eventuell eine Annäherung an unsere Haltung, die grundsätzliche Ablehnung jeglicher Vorratsdatenspeicherung aus guten, fundierten und vielfach dargelegten Gründen (siehe zum Beispiel hier und hier), bedeuten könnte oder nicht.
Und darum unsere Frage an Sie:
Wären Sie bereit, mit uns darüber zu diskutieren?
Über Zeitpunkt, Form und Umstände eines Diskussionsprozesses oder eines Gesprächs wäre dann genaueres zu klären, wir möchten zunächst aber anfragen, ob Sie zu einem solchen Prozess (vor der Bundestagswahl) eventuell überhaupt bereit wären oder eben nicht und würden uns sehr über eine Antwort bis zum 14. Juni 2013 freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Lieber AK Vorratsdatenspeicherung,
entschuldigen Sie die unpersönliche Anrede – ich habe leider keinen Autoren des offenen Briefes identifizieren können. Vielen Dank für den Brief und die Anregung zu einem Austausch – ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen und bin auf Ihre Positionen gespannt. Die Aktualität dieser Debatte vor dem Hintergrund des PRISM-Programms ist ein zusätzlicher Anlass, die Diskussion jetzt und mit Bedacht zu führen. Bitte melden Sie sich per Mail bei mir, um einen Termin zu vereinbaren. Ich würde mich gerne persönlich mit Ihnen in Berlin treffen.
Beste Grüße!
Gesche Joost