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Nichts neues: Fragwürdige Begründungen für die Vorratsdatenspeicherung

Posted by Michael on 21. August 2012
Posted in: Allgemein.

Der derzeitige niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU) (Bild von Torsten Bätge – Creative Commons by-sa 3.0)

Ein Kommentar von Michael.

Eigentlich nichts, was nicht wieder an eine Schallplatte mit Sprung erinnern ließe:

Niedersachsen hat noch zwei Wochen Sommerferien vor sich. Es sind noch fünf Monate bis zur Landtagswahl. Warum nicht mal wieder für die Vorratsdatenspeicherung trommeln?

Ob nun diese oder andere Gedanken im Kopf – am letzten Donnerstag versammelten sich der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann und der leitende Oberstaatsanwalt von Hannover Manfred Wendt unter der bemerkenswerten, wenn nicht sogar populistischen Überschrift

„Gesetzeslücke schützt Sextäter“

in einem Online-Bericht, um wieder einmal die grundlose Datenspeicherung aller Telekommunikationsdaten zu bewerben.

Das Spiel mit der Statistik

Der Justizminister aus den Reihen der niedersächsischen CDU führt Zahlenmaterial und Behauptungen zur Unterfütterung seiner Thesen an, die (mir) bislang nicht bekannt waren und deren Grundlage bis heute nicht (öffentlich) belegt sind. (Über die seltsame Interpretation der niedersächsischen Polizeistatistik durch den CDU-Innenminister Uwe Schünemann hat der AK Vorrat im Feburar 2012 ausführlich informiert.)

Der Enkeltrick-Trick

Der Oberstaatsanwalt seufzt dagegen:

„Das ist frustrierend.“

Damit meint er aber nicht etwa den jüngst vom Niedersächsischen Richterbund beklagten Fehlbestand an besetzten Richter- und Staatsanwaltsstellen sondern die Tatsache, dass seine Behörde, zumindest aber er selber gerne mit der Vorratsdatenspeicherung gegen den so genannten „Enkeltrick“ vorgehen möchte – aber nicht darf.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 2. März 2010 in einem der Leitsätze formuliert:

„Der Abruf und die unmittelbare Nutzung der Daten sind nur verhältnismäßig, wenn sie überragend wichtigen Aufgaben des Rechtsgüterschutzes dienen. Im Bereich der Strafverfolgung setzt dies einen durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer schweren Straftat voraus.“

Wird Herr Wendt nun kurzerhand den Straftatbestand des Betrugs (keine schwere Straftat im Sinne der Gesetze) zur organisierten Kriminalität (und damit zur schweren Straftat) umdefinieren, so wie das zuletzt der SPD-Innenminister Reinhold Gall aus Baden-Württemberg meinte interpretieren zu dürfen?

Und wird man dann eventuell bald auch den Laden- oder Taschendiebstahl als organisierte Kriminalität verstehen, um etwaig vorhandene Vorratsdaten zu Ermittlungszwecken einsetzen zu dürfen?

Der Leim des Neusprech

Abschließend zitiert der Online-Bericht noch den FDP-Landtagsabgeordneten Roland Zielke, der in seiner inhaltlich berechtigten Kritik leider in die Neusprech-Falle tappt. Im Bericht werden seine Gründe u.a. wie folgt wiedergegeben:

„Zudem gebe es die Gesetzeslücke bereits seit 2010.“

Wer von „Gesetzeslücke“ spricht ruft ein Bild ins Kopf, das imaginiert, dass es eine Lücke gibt. Dass irgendetwas fehlt, was vorher schon da war oder nicht. Dieses Bild impliziert also die Notwendigkeit des „Lückefüllens“. Dieses Bild ist aber unrichtig, wenn man es im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung abruft. Denn die staatlich verordnete Schaffung und Nutzung einer technischen Infrastruktur zur Erfassung, Speicherung und Abrufung von allen Telekommunikationsdaten aller in Deutschland miteinander (tele-)kommunzierenden Menschen ist etwas völlig neues, bisher noch nicht dagewesenes. Ein Paradigmenwechsel. Und keine „Lücke“.

Unabhängig von der grundsätzlichen Frage, ob man sich argumentativ überhaupt auf die Ebene der Statistik und auf Auslegungsfragen des BVerfG-Urteils einlassen möchte oder wesentlichere und gewichtigere Gründe hat, um eine Vorratsdatenspeicherung abzulehnen: Von der Ortsgruppe Hannover haben wir den beiden Staatsbediensteten in leitender Stellung einen Offenen Brief mit fünf Fragen geschrieben und um Stellungnahme gebeten.

Weitere Informationen

  • Offener Brief des AK Vorrat Hannover an Herrn Busemann und Herrn Wendt
  • Die dazugehörige Pressemitteilung des AK Vorrat Hannover
  • AK-Vorrat-Information vom 20.2.2012: „Polizeistatistik Niedersachsen: Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung wäre maßlos“
  • AK-Vorrat-Broschüre zur Richtigstellung von beliebten Populismen

 

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Michael wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Bildquelle: „Busemann_Bernd_5165.jpg“ von Torsten Bätge, Creative Commons by-sa 3.0

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