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Eine Woche vor der Bundestagswahl ist der „Wahltest“ des Internet-Portals http://www.buergerrechte-waehlen.de offiziell an den Start gegangen. Nach Beantwortung von 13 Fragen zum Thema Überwachung und Freiheitsrechte erfährt der Benutzer, welche Partei seinen Vorstellungen von der Zukunft unserer Freiheitsrechte am ehesten entspricht. Neben dem Wahltest findet man auch einen Vergleich der Bürgerrechtspolitik der einzelnen Parteien, eine Aufstellung ihres Abstimmverhaltens bei früheren Überwachungsgesetzen und Poster mit Slogans wie „Wohin führt Sicherheit über alles?“ oder „Hilft Ihnen eine Kamera?“.

Bei dem Wahltest wird einerseits die Position zu neuen Überwachungsplänen wie die Wiedereinführung einer flächendeckenden verdachtslosen Vorratsspeicherung aller Verbindungsdaten, die Infiltrierung von Privatcomputern („Online-Durchsuchung“), eine europäische „Flugpassagierakte“ („EU-PNR“) oder die „Bestandsdatenauskunft“ über Internetnutzer und ihre Passwörter gegenübergestellt. Andererseits werden die Meinungen zu möglichen Schutzmechanismen wie einem „Grundrechts-TÜV“ für neue Sicherheitsgesetze, einer „Grundrechtsagentur“ zur Evaluierung der bestehenden Gesetze oder der Einführung von Volksentscheiden zu grundrechtsinvasiven Gesetzen abgeglichen.

Der Wahltest beruht auf den Antworten der Parteien auf die Wahlprüfsteine des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zur Bundestagswahl. Er ist jedoch kein Angebot des Arbeitskreises selbst. Befragt wurden alle im Bundestag vertretenen Parteien sowie die Piratenpartei.

Das Portal „Bürgerrechte wählen – Überwachung abwählen“:
http://www.buergerrechte-waehlen.de

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

CDU/CSU, FDP und SPD haben dieses Jahr dem unverhältnismäßig weit reichenden Gesetz zur Offenlegung unserer Identität und unserer Passwörter im Netz gegenüber Polizei und Geheimdiensten zugestimmt, gegen das wir eine Sammel-Verfassungsbeschwerde organisiert haben. Den Bundesrat hätte dieses Gesetz ohne Zustimmung der SPD-Länder nicht passieren können.

Nun verteidigt Kanzlerkandidat Steinbrück, dass die SPD wie gewohnt für mehr Überwachung gestimmt hat. Hier seine E-Mail vom 3. September:

Sehr geehrter Herr Breyer,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 20. März 2013 zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft. Bitte entschuldigen Sie die Verspätung meiner Antwort. Sie ist der Fülle an Zuschriften geschuldet, die mein Büro derzeit erreicht. Sie kritisieren, dass die SPD-Fraktion dem Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft am Donnerstag, dem 21. März 2013, im Plenum des Deutschen Bundestages zugestimmt hat. Ich teile Ihre Auffassung nicht und möchte Ihnen gerne erläutern, warum ich dem Entwurf in der jetzigen Fassung gestimmt habe:

Der Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft“ (Drs.17/12034) wird mit einem gemeinsamen Änderungsantrag der CDU/CSU-, FDP- und SPD-Fraktion im Bundestag beschlossen. Es ist uns gelungen, die Regierungskoalition von deutlichen Verbesserungen im Rechtschutz für die Betroffenen zu überzeugen: Auf unsere Initiative enthält das Gesetz jetzt u.a. Regelungen zu Benachrichtigungspflichten und einen Richtervorbehalt für besonders sensible heimliche Maßnahmen.

Eine Neuregelung der Bestandsdatenauskunft war zwingend erforderlich: Mit der Gesetzesnovelle muss bis Ende Juni 2013 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden. Die Bestandsdatenauskunft regelt, dass Telekommunikationsanbieter den zuständigen Stellen Auskunft zu den bei ihnen gespeicherten Kundendaten geben müssen, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist. In keinem Fall erhalten die Behörden aber Informationen über konkrete Verbindungsdaten (also Verkehrsdaten im Gegensatz zu Bestandsdaten), d.h. wer wann mit wem telefoniert hat oder wo sich ein Handy zu einer bestimmten Zeit befunden hat. Eine „Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür“ ist es also gerade nicht. Dabei reichen die Anwendungserfordernisse von der Aufklärung von Kinderpornographie im Netz bis zur Ermittlung des Telefonanschlussinhabers zur Rettung bei angekündigtem Suizid. Daher wird die grundsätzliche Notwendigkeit der Bestandsdatenauskunft nicht in Frage gestellt. Diese Einschätzung teilt explizit auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, in seiner Stellungnahme in der Anhörung des Deutschen Bundestages am 11.03.2013: „Dabei bin ich mir der grundsätzlichen Notwendigkeit der Bestandsdatenauskunft als Mittel einer effektiven Strafverfolgung durchaus bewusst“.

Die schwarz-gelbe Regierungskoalition hat nun den Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft (Drs.17/12034) spät, fast zu spät, vorgelegt. Dieser Regierungsentwurf adressierte ganz eng nur die Korrekturanforderungen des Verfassungsgerichts. Man plante eine Minimalumsetzung dessen, was man gerade noch für verfassungsrechtlich vertretbar hielt. Das ging uns nicht weit genug. Wir gießen jetzt nachträglich das rechtstaatliche Fundament unter den Rohbau des Koalitionsentwurfs zur Bestandsdatenauskunft. Durch den von der SPD-Fraktion maßgeblich mitverantworteten Änderungsantrag im Bundestag wird der Anwendungsbereich der Bestandsdatenauskunft insgesamt klarer gefasst. In den bundesgesetzlichen Rechtsgrundlagen gibt es jetzt bei Auskünften über dynamische IP-Adressen und über Zugangssicherungscodes Benachrichtigungspflichten, bei heimlichen Auskünften auf Zugangssicherungscodes zusätzlich einen Richtervorbehalt bzw. eine Befassung der G10-Kommission. Zur weiteren Entwicklung des Standards IPv6 wurde eine Berichtspflicht der Bundesregierung festgeschrieben. Vor allem durch die jetzt aufgenommenen Benachrichtigungspflichten haben Betroffene jetzt die Gewähr, gegen ihrer Ansicht nach rechtswidrige Auskünfte effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können.

Teilweise wird noch kritisiert, dass es eine Eilfallregelung gibt, die eine Abfrage von Zugangssicherungscodes ohne Richtervorbehalt ermöglicht. Das ist allerdings eine übliche Standardregelung, die es an vielen Stellen zum Beispiel in der Strafprozessordnung gibt. Auch im Eilfall ist die gerichtliche Entscheidung zudem unverzüglich nachzuholen, so dass das Erfordernis einer Prüfung durch einen Richter selbst im Eilfall gerade nicht umgangen werden kann. Für den Zugriff durch Nachrichtendienste ist – im Einklang mit der sonstigen Rechtssystematik – eine Kontrolle durch die G10-Kommission sichergestellt, die als unabhängiges und an keine Weisungen gebundenes Organ über die Zulässigkeit der durch die Nachrichtendienste des Bundes durchgeführten Beschränkungsmaßnahmen im Bereich des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses zu befinden hat. Die Behauptung mancher, dass bei einer Beschlagnahme beispielsweise eines Mobiltelefons der Richtervorbehalt entbehrlich sei, ist unzutreffend: Selbstverständlich steht bereits die Beschlagnahme selbst unter einem Richtervorbehalt. Es wurde lediglich darauf verzichtet, den Sachverhalt doppelt durch einen weiteren Richter erneut prüfen zu lassen. Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass auch Ordnungswidrigkeiten ein Anlass zur Einholung einer Bestandsdatenauskunft sein können: Ordnungswidrigkeiten sind nicht immer nur Lappalien, sondern können schwere Rechtsverstöße zum Beispiel im Wirtschaftsrecht oder beim Datenschutz betreffen. Selbstverständlich müssen dann auch Telekommunikationsbestandsdaten des Betroffenen ermittelt werden können. Das ist, anders als dies vereinzelt behauptet wird, auch nicht verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Bestandsdatenauskunft dazu ausdrücklich erklärt: „Angesichts des für sich gesehen begrenzten Informationsgehalts der betreffenden Daten sowie ihrer großen Bedeutung für eine effektive Aufgabenwahrnehmung ist diese Weite der Vorschrift jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“ (BVerfG, 1 BvR 1299/05 vom 24.1.2012, Absatz-Nr. 177, http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20120124_1bvr129905.html)

Sicher kann man sich immer mehr wünschen und selbstverständlich ist es ein Kompromiss. Aber es ist ein guter Kompromiss. Wenn wir uns wie Grüne und Linke auf die pauschale Ablehnung des Regierungsentwurfs der schwarz-gelben Koalition beschränkt hätten, gäbe es jetzt wohl keine einzige der vielen Verbesserungen des Gesetzes. Das können wir zu Recht auf der Erfolgsbilanz der SPD notieren. Nach außen dokumentieren wir dies nun mit dem gemeinsamen Änderungsantrag und unserer Zustimmung zu dem Gesetzesentwurf in der dann geänderten Fassung.

Mit vielen Grüßen

Peer Steinbrück

Meine E-Mail an Steinbrück und die übrigen Bundestagsabgeordneten lautete:

Betreff: Geplante Neuregelung der Bestandsdatenabfrage gefaehrdet die Grundrechte

Sehr geehrter Herr Steinbrück,

der Bundestag soll am Donnerstag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der vom Bundesverfassungsgericht gekippten Vorschriften zur Mitteilung von Telekommunikations- und Internetdaten einschließlich Handy-PINs und E-Mail-Passwörtern mit völlig unzureichenden Änderungen verabschieden (TOP15).

Der geänderte Gesetzentwurf unterschreitet nicht nur das ohnehin schwache bisherige Schutzniveau weiter. In mehreren Punkten verletzt er selbst die weiten verfassungsrechtlichen Grenzen, wie sich aus der folgenden Stellungnahme ergibt:

http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Bestandsdaten-StN#Nachbesserungen

Bitte stimmen Sie gegen die Beschlussempfehlung des Aussschusses und schützen Sie die Vertraulichkeit privater Kommunikation über das Internet!

Mit freundlichem Gruß,

Patrick Breyer

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung

Stellungnahme:

Nach der vernichtenden Sachverständigenanhörung zum Gesetzentwurf haben die Fraktionen der CDU/CSU, der FDP und der SPD Änderungen beantragt. Diese sind jedoch völlig ungenügend. Passwörter und PINs dürfen in weitem Umfang ohne richterliche Anordnung angefordert werden (in Eilfällen, bei Geheimdiensten, bei Beschlagnahmen), Internetnutzer dürfen sogar stets ohne richterliche Prüfung identifiziert werden.

Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft geht weiterhin deutlich über die bisherige Rechtslage hinaus und baut Schutzvorschriften ab:

1. Es soll weiterhin eine elektronische Schnittstelle zur vereinfachten Abfrage von Kommunikationsdaten eingeführt werden.

2. Bundeskriminalamt und Zollkriminalamt sollen in weitem Umfang Zugriff auf Kommunikationsdaten erhalten, wo Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis bisher nicht gestattet sind (z.B. als Zentralstelle, zum Personenschutz).

In mehreren Punkten ist auch der geänderte Gesetzentwurf verfassungswidrig:

1. Es fehlt bereits die verfassungsrechtlich gebotene abschließende Bestimmung, welche Vorschriften einen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen (einfachgesetzliches Zitiergebot).

2. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sollen Zugriffe auf Kommunikationsdaten durch Polizeibehörden nicht beschränkt werden auf Fälle konkreter Gefahr oder des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern selbst zur Ermittlung geringfügiger Ordnungswidrigkeiten zugelassen werden.

3. Entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll die Identifizierung von Internetnutzern durch Geheimdienste keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraussetzen.

4. Es ist unklar und nicht kontrollierbar, unter welchen Voraussetzungen Anbieter Zugriffscodes wie Mailbox-PINs oder E-Mail-Passwörter an Staatsbehörden herausgeben dürfen.

5. Der Bund will Anbietern verbieten, ihre Kunden von Datenabfragen zu benachrichtigen, selbst wo die Länder Stillschweigen nicht anordnen (z.B. bei Suizidgefahr oder Vermissten).

6. Den Datenzugriff durch eine elektronische Schnittstelle weiter zu erleichtern, ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig.

Unsere Position ist: Der Staat darf auf Kommunikationsdaten allenfalls mit richterlicher Anordnung und zur Aufklärung schwerer Straftaten oder zur Abwehr von Gefahren für wichtige Rechtsgüter zugreifen. Einen Zugriff durch Geheimdienste lehnen wir in jedem Fall ab, ebenso wie die Herausgabe von Zugriffscodes wie PINs und Passwörtern.

Weitere Informationen:

http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Bestandsdaten-StN

Über uns:

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, die sich in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen die ausufernde Überwachung im Allgemeinen und gegen die Vollprotokollierung der Telekommunikation und anderer Verhaltensdaten im Besonderen einsetzen.

<http://www.vorratsdatenspeicherung.de>

Im Zusammenhang mit der anstehenden Bundestagswahl lege ich unsere Wahlprüfsteine ans Herz – die Wiedereinführung einer verdachtslosen Totalspeicherung unserer sämtlicher Verbindungen und Bewegungen (Vorratsdatenspeicherung) muss verhindert werden!

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte schon mit Urteil vom 26.04.2012 (Az. VG 1 K 818.09) entschieden, „dass die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen, die anlässlich früherer Aufzüge des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung in Berlin durch den Beklagten [den Polizeipräsidenten in Berlin, d.h. die Berliner Polizeibehörde] erfolgt ist, rechtswidrig war.“ Berlin hat seinen Rechtsbehelf gegen dieses Urteil nun zurückgezogen, so dass es rechtskräftig ist (Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 10.07.2013, Az. 1 N 64.12).

Leider haben CDU und SPD in Berlin in Reaktion auf das Urteil zwischenzeitlich ein Gesetz beschlossen, das die anlasslose Videoüberwachung legalisiert („Gesetz über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen„). Grüne, Piraten und Linke haben eine Verfassungsklage dagegen angekündigt, doch einstweilen gilt das Gesetz – und wird auch genutzt. Deshalb wird möglicherweise auch die diesjährige „Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!“-Demo überwacht werden. Wehrt euch:

www.freiheitstattangst.de

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Die Wirtschaftswoche berichtet über das „Missbrauchserkennungssystem“ der Telekom, das unliebsame Flatrate-Kunden durch Auswertung aller Verbindungsdaten aufspüren soll. Die Hintergründe bleiben aber ungenannt:

Nach § 100 Abs. 3 TKG darf die Telekom tatsächlich alle Verbindungsdaten auswerten, um Verbindungen zu ermitteln, bei denen „tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht der rechtswidrigen Inanspruchnahme von Telekommunikationsnetzen und -diensten begründen“. Genutzt werden dürfen dazu aber nur Daten, die legal gespeichert sind.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte behauptet nun, die Telekommunikationsunternehmen dürften sämtliche vollkommen abrechnungsirrelevanten Verbindungsdaten (z.B. von Flatrate-Kunden) sieben Tage lang auf Vorrat speichern – zur „Störungserkennung“. Nur dadurch wird die Telekom-Flatrate-Rasterung überhaupt möglich.

Nach meiner Überzeugung darf die Telekom die Daten von Flatrate-Kunden überhaupt nicht erst speichern. Dann können sie auch nicht gerastert werden, um vermeintliche „Auffälligkeiten“ aufzuspüren.

Wer sich gegen die Telekom-Praktiken wehren will, sollte also dagegen klagen, dass überflüssige Informationen über sein Kommunikationsverhalten überhaupt gespeichert werden. Wie das geht, wird hier erklärt.

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Die dpa meldete am Samstag, die niedersächsische Justizministerin Niewisch-Lennartz von den Grünen habe sich für eine Vorratsdatenspeicherung „mit richterlicher Genehmigung“ ausgesprochen. Eine Rückfrage beim Ministerium hat ergeben, dass die Ministerin eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ablehnt und lediglich die gezielte Speicherung der Verbindungsdaten Verdächtiger mit richterlicher Anordnung befürwortet – die allerdings schon heute möglich ist (§ 100g StPO). Eine Vorratsdatenspeicherung ist das nicht.

Meine Recherchen zu der umstrittenen Forderung der Justizministerkonferenz nach Wiedereinführung einer anlasslosen und unterschiedslosen Vorratsdatenspeicherung haben ergeben, dass die niedersächische und die schleswig-holsteinischen Justizministerinnen diesen Punkt abgelehnt hätten. Auf der Justizministerkonferenz gelte kein Einstimmigkeitsprinzip, so dass die SPD- und CDU/CSU-Mehrheit den Ausschlag gegeben habe.

Es bleibt dennoch dabei, dass der innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion in nicht-öffentlicher Sitzung die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gefordert hat und dass die Grünen auf Länderebene zum Teil Koalitionsverträgen mit der SPD zugestimmt haben, die sich nur gegen die »derzeit diskutierten Varianten der Vorratsdatenspeicherung« aussprechen (Niedersachsen) oder die sich dafür aussprechen, »bei der Vorratsdatenspeicherung … die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts … einzuhalten« (Baden-Württemberg). Es ist also zu befürchten, dass die ablehnende Haltung der Grünen nach der Bundestagswahl dem Umsetzungsdruck der EU nicht lange standhalten wird.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert, die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung selbst dann nicht umzusetzen, wenn deswegen eine Strafe an die EU zu zahlen ist (sie würde maximal 1,44 Euro pro Bürger und Jahr betragen, weniger als 1% dessen, was Deutschland ohnehin jährlich an die EU zahlt).

Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.