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Kippt die Geheimhaltung des Vertragsverletzungsverfahrens zur Vorratsdatenspeicherung?

Posted by Patrick Breyer on 8. April 2013
Posted in: Allgemein. Tagged: Vorratsdatenspeicherung.

Die EU-Kommission verklagt Deutschland, weil es die grundrechtswidrige EU-Richtlinie zur verdachtslosen Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungsdaten nicht umsetzt. Den in dieser Sache gewechselten Schriftverkehr hält das Bundesjustizministerium aber geheim, weil eine Veröffentlichung die „vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der EU-Kommission gefährden“ würde. Stephan Weinberger hat vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage auf Herausgabe des Schriftverkehrs eingereicht. Das Gericht hat die Erfolgsaussichten der Klage bereits insoweit bestätigt als es Prozesskostenhilfe dafür bewilligt hat.

Mit Verfügung vom 01.03.2013 übt der Bericht erstattende Richter nun deutliche Kritik an der Geheimhaltungspraxis des Bundesjustizministeriums: Es sei

zweifelhaft, ob die Argumentation der Beklagten zu negativen Auswirkungen auf laufende Gerichtsverfahren bzw. zur notwendigen Vertraulichkeit internationaler Beziehungen oder Verhandlungen bezogen auf den mutmaßlichen Inhalt der vorgenannten Schreiben überzeugen kann. Denn diese Schreiben wurden nach der Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 7. Februar2013 zur Eingrenzung des Streitgegenstandes für auf ein bevorstehendes Gerichtsverfahren verfasst. Sie dürften daher im Wesentlichen keine vertraulichen Vergleichsvorschläge, sondern eher eine förmliche Wiedergabe der bereits früher von ihren Verfassern vertretenen Auffassungen enthalten. Insoweit ist im Übrigen unter der von den Beteiligten zitierten Fundstelle die Klageerwiderung vom 24. September 2012 öffentlich zugänglich (http://blog.vorratsdatenspeicherung.de/2012/09/30/vorratsdatenspeicherung-bundesregierung-will-umsetzung-vermeiden/), bei deren von objektiven Sachverhaltsdarstellungen und Rechtsausführungen geprägten Inhalt es sich jedenfalls nicht aufdrängt, dass inhaltlich Ausschlussgründe vorliegen könnten. Aus dieser Klageerwiderung (Textziffer 9) ergibt sich ferner, dass das Antwortschreiben der Bundesregierung vom 15. August 2011 jedenfalls auf Seiten 7 – 11 lediglich eine Wiedergabe der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enthalten dürfte.

Die Überlegung, dass die notwendige Vertraulichkeit der in einem Verfahren vor dem EuGH gewechselten Schriftsätze nicht dadurch unterlaufen werden dürfe, dass diesen Schriftsätzen beigefugte Schriftstücke zugänglich gemacht werden, erscheint im Lichte der Rechtsprechung der Kammer und des BVerwG ebenfalls zweifelhaft. Vielmehr haben die Kammer in ihrem Urteil vom 22. April 2010 – VG 2 K 98.09 – und das BVerwG im Urteil vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 4/11 – gerade für von dem hier betroffenen Bundesministeriums verfasste Stellungnahmen angenommen, dass diese in dem Vorgang des Bundesministeriums von einem Anspruch auf Informationszugang erfasst sein können, auch wenn das Informationsfreiheitsgesetz auf den Adressaten der Stellungnahme nicht anwendbar ist. Diese Überlegung dürfte erst recht gelten, wenn außerhalb eines Gerichtsverfahrens gewechselte Schriftstücke in ein Gerichtsverfahren eingebracht werden, in dem die Schriftsätze der Beteiligten möglicherweise europarechtlich vorübergehend vom Informationszugang ausgenommen sein könnten.

Ich weise ferner darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung der Kammer grundsätzlich nicht möglich ist, bestimmte Arten von Dokumenten als „Sachgesamtheiten“ allein auf Grund ihrer typischen Eigenschaften und üblichen Fassung ohne Feststellung ihres konkreten Inhalts insgesamt vom informationszugang auszunehmen (vgl. Urteil der Kammer vom 21. Oktober 2010 – VG 2 K 89.09- m.w.N). Ich bitte die Beklagte daher vorsorglich um eine Darlegung, an welcher Stelle der beiden Schreiben bzw. Entwurfe welcher Ausschlussgrund genau jeweils aus welchem Grunde eingreift.

Wie es weiter geht, erfährt man auf fragdenstaat.de.

Zeitgleich habe ich vor dem Europäischen Gericht Klage gegen die EU-Kommission auf Herausgabe von Schriftsätzen zur Vorratsdatenspeicherung aus dem Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich erhoben, über die hoffentlich im Laufe des Jahres entschieden wird.

Dieser Artikel gibt die persönliche Meinung des Autors Patrick Breyer wieder und ist keine Stellungnahme des AK Vorrat.

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