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Am 27.07.2013 findet ein dezentraler, bundesweiter Aktionstag gegen Überwachung statt. Das Motto lautet: „Stop Watching Us – We are all Edward Snowden“. In mehreren deutschen Städten rufen Bündnisse aus zahlreichen NGO’s, Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen zur Teilnahme an den Demonstrationen auf.

Durch den Whistleblower Edward Snowden wurde in den vergangenen Wochen der mit Abstand größte weltweite Überwachungskandal aller Zeiten offenbart. Neben offensiver politischer Spionage und großflächiger Wirtschaftspionage gegen Europa und insbesondere Deutschland durch Geheimdienste der USA und Großbritanniens wurde ein Netz der Massenüberwachung bekannt, dessen Ausmaß für die meisten Menschen bislang unvorstellbar war oder, wo vermutet, in den Bereich der Fabeln und Verschwörungstheorien verortet wurde.

Gegen diese Verletzung der Freiheitsrechte der gesamten Bevölkerung und die Schädigung unserer Unternehmen protestiert ein breites überparteiliches Bündnis am Samstag, den 27.Juli 2013, in mehreren Städten. Alle Menschen, die sich von den Spionageprogrammen PRISM und TEMPORA betroffen fühlen, oder sich gegen die ausufernde Überwachung durch staatliche Stellen wehren wollen, sind aufgerufen, die Veranstaltungen zu besuchen und sich den Forderungen der Bündnisse anzuschließen.

Details zu den einzelnen Veranstaltungen sind hier zu finden.

Als Antwort auf die Überwachungsskandale um Prism, Tempora & Co. fordern wir, die Teilnehmer des Sommertreffens 2013 des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, von der Europäischen Union:

  • Aufkündigung der bilateralen Verträge mit der USA zu SWIFT, PNR und Safe Harbour.
  • Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen UK.

Von der Bundesregierung verlangen wir:

  • Beendigung der Praxis des Ausspionierens von Telekommunikation durch deutsche Geheimdienste.
  • Offenlegung der bisherigen Zusammenarbeit deutscher Behörden mit ausländischen Geheim- und Nachrichtendiensten.

Insbesondere fordern wir die Bundesregierung und die EU dazu auf:

  • Stärkung der nationalen und europäischen Datenschutzbehörden.
  • Förderung von vertraulicher und verschlüsselter Ende-zu-Ende-Kommunikation für jedermann.
  • Durchsetzung unseres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung!

Hannover, den 29. Juni 2013

Mit einem Glasprisma kann man weißes Licht in seine farbigen Bestandteile zerlegen. Mit einem Geheimdienstprisma diversifiziert man gleichermaßen die Akteure der politischen Landschaft nach Verfassungstreue und Menschenfreundlichkeit.

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Während das Spionageprogramm PRISM des US-Geheimdienstes NSA weltweit für Empörung sorgt, melden sich – wie könnte es anders sein – auch Befürworter dieses umfassenden Mitschneidens des weltweiten Datenverkehrs zu Wort. In die Reihe unverbesserlicher Überwachungsprotagonisten reiht sich nun auch einmal mehr der Bundesinnenminister ein.

In einem Interview für die Zeitung ‚Welt am Sonntag‘ bedankt sich Hans-Peter Friedrich bei den US-amerikanischen Geheimdiensten für die gute Zusammenarbeit, und lobt diese für ihre Unterstützung auch mit Daten aus diesem Programm.

So weit, so gut. Oder schlecht.

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Festzuhalten ist allerdings dies:

1. In den Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministers gehört auch der Schutz der Verfassung, wozu auch die grundgesetzlich garantierten Abwehrrechte der Menschen gegen staatliche Übergriffe gehören.

2. Das PRISM-Programm beinhaltet u.a. auch eine anlasslose Speicherung und Auswertung von Kommunikationsinhalten, wie z.B. vollständige Emails oder Einträge in soziale Netzwerke.

3. Ohne Zweifel – Friedrich sagt dies selbst im Interview – ist eine solche Überwachung von Kommunikationsinhalten mit den genannten Abwehrrechten im Grundgesetz nicht vereinbar. Man mag der Auffassung sein, dass das Speichern der Information, wer wem eine Email schickt, gerade noch zulässig ist. Den Inhalt von Nachrichten anlasslos zu speichern ist definitiv verfassungswidrig.

Wenn sich nun also eine fremde Macht Zugang zu privaten Daten beschafft, diese speichert und auswertet, und damit die grundrechtlich geschützte Privatsphäre der Menschen verletzt, dann sollte man vom zuständigen Minister erwarten dürfen, dass er alles in seiner Macht Stehende unternimmt, um die Bevölkerung vor diesem Angriff auf ihre fundamentalen Rechte zu schützen.

Ein Verfassungsschutzminister, der unter dieser Bezeichnung nicht nur die Aufgabe des Schutzes der so benannten Behörde vor rechtsstaatlicher Kontrolle versteht, würde das jedenfalls tun, statt so einen kriegerischen Akt tatenlos und in gefährlicher Nähe zur Strafvereitelung zuzulassen, ja auch noch gutzuheißen. Zu welcher Sorte Minister Herr Friedrich gehört, werden die Ergebnisse der Untersuchungen der Affäre und seine Schritte danach zeigen. Seine Äußerungen im Interview lassen aber Schlimmstes erwarten. Sollte nicht noch ein Sinneswandel einkehren, ist er als Bundesinnenminister erkennbar nicht für seine Aufgaben geeignet, und sollte zurücktreten oder von der Bundeskanzlerin entlassen werden.

Übrigens bietet sich in der kommenden Woche, während seiner Rede vor dem Brandenburger Tor, für Freiheitsfreunde die Gelegenheit, dem Schirmherren dieser ungeheuren Überwachungsmaschine zu zeigen, was man davon hält.

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Dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung von Kai-Uwe Steffens wieder und ist kein offizielles Statement des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung.

Gestern haben Patrick Breyer und Katharina Nocun, beide seit langer Zeit hochverdiente Mitarbeiter im AK Vorrat und inzwischen auch für die Piratenpartei tätig, öffentlich angekündigt, gegen die kürzlich auch vom Bundesrat verabschiedete Neuregelung der Bestandsdatenauskunft eine Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Über eine eigens dafür eingerichtete Webseite kann sich jeder Bürger dieser Beschwerde ohne Kostenrisiko anschließen. Auch bei diesem Gang nach Karlsruhe vertritt, wie u.a. beim erfolgreichen Zufallbringen der Vorratsdatenspeicherung, Rechtsanwalt Meinhard Starostik die Beschwerdeführer.

Die Überparteilichkeit des AK Vorrat verbietet es, einen Aufruf zur Beteiligung an dieser aus einer Partei heraus initiierten Sammelbeschwerde zu veröffentlichen – gerade in Zeiten des beginnenden Wahlkampfes. In der Sache an sich aber gibt es eine überwältigende Meinungsmehrheit dafür, dass dieser Gang nach Karlsruhe sinnvoll und notwendig ist.

Wer also – ganz gleich, ob erstmalig oder erneut – den Gesetzgeber in Berlin wegen der unverhältnismäßigen Verletzung seiner Freiheitsrechte vor das Bundesverfassungsgericht bringen will, hat hier dazu Gelegenheit, sich an dem Verfahren zu beteiligen.

Ich habe es getan.

 

Dieser Text gibt die persönliche Meinung des Autors Kai-Uwe Steffens wieder und stellt keine Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung dar.

Wie heise-online heute berichtet, hat das Oberlandesgericht Köln festgestellt, dass das Zollkriminalamt eine rechtswidrige Überwachung praktiziert hat. Das allein wäre schon schlimm genug, aber die Begründung der Verantwortlichen, warum sie das getan hatten, ist – euphemistisch gesagt – bemerkenswert.

Es ging um die Telefon- und Datenverkehrüberwachung eines Verdächtigen, aus der dessen zum geschützten Kernbereich gehörende Kommunikation mit seinem Rechtsanwalt hätte gelöscht werden müssen. Weil aber den Überwachern das Geld für die Hardware fehlte, die das Softwareupdate zum automatischen Herausfiltern und Löschen von Kernbereichskommunikation voraussetzte, haben sie über ein Jahr lang einfach drauf los gespeichet. Und zwar komplett, also auch das, was nach geltender Auffassung des Bundesverfassungsgerichts grundgesetzlich geschützt ist und nicht gespeichert werden darf.

Kurz gesagt: hier wurden vorsätzlich Grundrechte verkauft. Für Geld. Grundrechte, die nicht umsonst das Prädikat ‚unveräußerlich‘ tragen. Und es musste erst ein Gericht bemüht werden, um zu klären, dass so etwas ein Rechtsbruch ist.

Angesichts des eklatanten Mangels von Unrechtsbewusstsein bei den Überwachern erscheinen mir folgende Dinge zwingend erforderlich:

1. Eine vollständige Untersuchung darüber, welche Personen für diese Praktizierung von Unrecht die Verantwortung tragen.

2. Das Entfernen dieser Personen aus ihren Ämtern.

3. Eine unmissverständliche Dienstanweisung der beaufsichtigenden Ministerien an alle in Frage kommenden Stellen der Ermittlungsbehörden, dass derartige Dinge unter Androhung empfindlichster Strafen ohne Wenn und Aber zu unterlassen sind.

4. Die Präsenz der Erkenntnis, dass Überwachungswerkzeuge zu solchen Rechtsbrüchen einladen, in der politischen Diskussion über alte und neue Sicherheitsgesetze.

In all den Protesten der letzten Jahre gegen Vorratsdatenspeicherung und andere Formen von Überwachung haben wir wiederholt auf derartige Gefahren hingewisen. Und ebenso wiederholt wurde dies, wenn nicht gar missachtet, von den Befürwortern scharfer Sicherheitsgesetze vom Tisch gefegt. Diesen Damen und Herren lege ich nahe, sich in einem ruhigen Moment mal über die Folgen ihres Tuns Gedanken zu machen, sollten auch andere von uns genannte Risikoszenarien bittere Realität werden. Es sollte Einigkeit herrschen, dass das vermieden werden muss. Und das geht am besten, in dem man dem die Grundlagen entzieht und Überwachung so weit wie irgend möglich vermeidet.